Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die russische Märzoffensive 1916. 
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deutschen Stellungen gepeitscht wurde. Und als nachmittags 
die russische ic>. Division nochmals den Durchbruch ver* 
suchte, verblutete sie sich wie jene zwn Divisionen, die gegen 
den rechten Flügel der Armeeabteilung v. Scholtz 
bei M o s h e i t y—W ileity vorgingen. 
Das Gelände um Wileity hatten die Deutschen in 
wochenlanger Arbeit zu einem starkbefestigten Stützpunkte 
ausgebaut, der vor der Hauptstellung lag und dadurch jeden 
Angriff auf diese zu flankieren vermochte. 
Ein Kilometer östlich von W i l e i t y stand dichter Wald. 
Wohl hatten ihn deutsche Granaten gelichtet, aber noch 
immer gestattete er gedecktes Heranziehen und Versammeln 
feindlicher Truppen. Denn mit besonders heißem Verlangen 
streckten die Russen ihre Hand nach dem Stützpunkt von 
W i l e.i t y. Der mußte zuerst 
fallen,'um das Zupacken an dieser 
Stelle zu erleichtern! 
So wurde denn auch hier am 
I 8. M ä r z heftig gerungen. Die 
feindlichen Geschütze glaubten da 
ebenfalls gründliche Arbeit geleistet 
zu haben. Doch als sich vormittags 
die Infanterie aus dem Walde 
stürzte, um W i l e i t y zu besetzen, 
wurde sie von Artillerie-- und Ma-- 
schinengewehrfeuer so gründlich be- 
willkommt, daß nur ein Teil den 
Rückweg in den Wald fand. 
Auch die nächsten zwei Stürme 
brachten den Russen keinen Erfolg, 
kosteten immer nur neue blutige 
Opfer. Zu fest in der Faust hielten 
die Deutschen den Stützpunkt von 
Wileity. 
Nur bei Widsy hatten sich 
feindliche Truppen hart an den 
Stellungen der A r m e e a b t e i-- 
lung eingenistet. Sonst war es 
den Russen am ersten Angriffstage 
nirgends gelungen, auch nur die 
deutschen Drahthindernisse zu er-- 
reichen, trotzdem die vordersten Gräben beider Gegner an 
den meisten Frontstrecken nur 400 Meter, stellenweise noch 
weniger, sogar bloß 80 Meter von einander entfernt lagen. 
Große Hoffnungen hatte Gen. E w e r h am Morgen 
dieses ersten Angriffstages gehegt, Wilnas Türme glänzten hell 
in seinem Traume . . . Kavalleriemassen waren hinter den 
stürmenden Jnfanteriereihen aufgestellt worden ... Hussah! 
die fliehenden Deutschen! . . . Und nun? Die Kosaken hatten 
als Hetzpeitsche für sturmmüde Truppen gelten müssen. 
Trotz übergroßer Verluste wiederholte er also am nächsten 
Tage die Angriffe. Neue Truppen waren herangezogen worden. 
Mit aller Gewalt sollte der Durchbruch erzwungen werden. 
Aber der ig,März brachte keine Änderung, die 
Anstürme gegen die gleichen Stellen des Vortages waren 
matt, ohne Schwung und Kraft. 
Nur um Wileity flackerte der Kampf lebendiger, 
heftiger. Und abends versuchten die Russen durch Über-- 
raschung und List den Stützpunkt zu gewinnen. In der 
Dämmerung, vor Mondaufgang, krochen sie in Schnee-- 
mänteln heran. Schon näherten sie sich den Hindernissen, 
aberchunderte Herzen klopften, kreisförmig sollte der Stütz* 
Punkt umschlossen und gestürmt werden ... Da starb das 
General der Artillerie von Scholtz, 
Hurra! in ihren Kehlen. Scheinwerfer blitzten auf, legten 
ihre Leuchtkegel in die Nacht und erhellten das Feld. Deutsche 
Maschinengewehre knatterten und Handgranaten wühlten 
sich Gassen in die Gegner. 
Auch am linken Flügl der Armeeabteilung des Gen. 
v. Scholtz wurde heftig gekämpft. In der Nacht auf den 
1 y. März hatte der Feind Sturm* und Ausfallgassen 
in seine Hindernisse geschnitten. Und am Morgen wälzten 
sich in 6—8 mächtigen Wellen die Massen heran, „über die 
im Feuer zusammenbrechende Welle türmte sich sofort eine 
neue Angriffswoge. Der Wind, der diese Flut anschwellen 
ließ, war das russische Feuer in den Rücken der eigenen In-- 
fanterie." Aber auch hier blühte den Feinden kein Erfolg. 
Ja, in der Gegend von W i d f y, wo sie in den späten 
Nachtstunden des 18. März ge* 
räumte deutsche Feldwachstellungen 
besetzt hatten, drangen nun die 
Deutschen vor. Im kühnen Gegen-- 
stoß gewann ein Land wehrregiment 
seine verlorenen Grabenstücke zurück; 
„eine Kavalleriebrigade stürmte mit 
dem Karabiner und nahm 1 Offizier 
und 120 Mann gefangen". 
Da dehnte der Gegner am 
zo.März feine Angriffe auf die 
Front auch nördlich von D ü n a-- 
bürg aus. 
Cr brach an diesem Tage bei 
Dünaburg selbst und südlich 
von Riga vor, dann entbrann-- 
ten bei Lennewaden, Fried-- 
rich stadt und I a k 0 b st a d t 
lebhafte Kämpfe. 
Aber die Russen waren schlechte 
Rechenmeister, wenn sie glaubten, 
die Stürme der vorhergegangenen 
Tage hätten die deutsche Oberste 
Heeresleitung gezwungen, die übrige 
Front zu schwächen, um genügende 
Kräfte südlich Dünaburg versa m* 
meln zu können: überall, auch 
den neuen Angriffsgebieten, hielt der deutsche Wall. 
Gegen den Abschnitt nördlich P 0 st a w y hetzte Gen. 
P l e s ch k 0 w das 1. sibirische Korps, die russische 
2 2. und Teile der 5 9. D i v i si 0 n. Viermal, stets in vier, 
fünf dichten Wellen fluteten die Stoßttuppen an, aber sie 
brandeten und brachen an dem harten Fels der Armee-- 
abteilung v. Scholtz. Bei Lotwa griff die ruf-- 
fische 1 0. D i v i si 0 n an, doch so matt, daß dieses Schein-- 
manöver ohne Wirkung blieb. 
Auch in der Gegend von B a l t a g u z y hatte heftiges 
Geschützfeuer den Tag eingeläutet. Aber der große In-- 
fanterieangriff scheiterte hier ebenfalls. Nur eine zu weit 
vorspringende Ausbuchtung der deutschen Front südlich 
t es Naroczsees wurde um einige 100 Meter auf 
die Höhen bei Blizniki zurückgenommen, die Truppen 
nicht unnütz umfassendem Feuer auszusetzen. 
So waren die russischen Massenopfer dieses Tages wieder 
sinnlos und ohne Ergebnis. 
Auch der 21. März ist als Großkampftag im Kriegs* 
kalender der russischen Front verzeichnet. 
Der Stützpunkt von Wileity zog die Feinde an wie 
das Licht die Motten. Wie gegen die Brückenschanze von 
lN
	        
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