Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Neitjahrsschlachter» 1915/16. 
Durchbruch unserer Front im Räume östlich Rarancze— 
Toporoutz eingesetzt und war, dank der heldenhaften und 
tapferen Haltung unserer Infanterie sowie dem über- 
wältigenden Wirken der Artillerie, restlos unter gewiß 
drei-- bis viermal größeren Verlusten abgewiesen worden. 
Trotzdem schien den Russen noch immer nicht die Lust 
am Anrennen vergangen zu sein, sie schalteten nur eine Pause 
ein, die bis zum 19. Jänner währte und mit teils schwächeren, 
teils stärkeren Artilleriekämpfen ausgefüllt war. 
Schon seit zwei Tagen waren Anzeichen dafür vorhanden, 
daß gegenüber der bisherigen Angriffsfront der Russen neue 
Truppen eingetroffen seien. Verläßliche Nachrichten über 
das Erscheinen einer neuen Schützenbrigade konnten aber 
erst am Abend des 18. Jänner erhalten werden, als sich aus 
dem Verhör zweier Überläufer die Gewißheit ergab, daß die 
U. russische Infanteriedivision durch die 2. Schützenbrigade 
abgelöst wurde, welche aus dem Räume von Rowno an 
die bessarabische Front verschoben worden sei. 
Am Nachmittag des 18. räumten die Russen ihre Hinder- 
nisse vor den Stellungen nächst Höhe 258 weg und während 
ihr ganzes Verhalten die Absicht zu einem neuen Angriff 
deutlich erkennen ließ, begann am Abend feindliche schwere 
Artillerie die neuerliche Beschießung des rechten Flügels der 
40. Honvödinsanteriedivision, welche unsere Artillerie mit 
einem sehr kräftigen 
Feuerüberfall auf die 
in Betracht kommenden 
russischen Batterien be- 
antwortete. Hierauf 
hielt das beiderseitige 
Artilleriefeuer an der 
Front zwischen dem 
Pruth und der Wald- 
zone die ganze Nacht 
über an und bei Mor- 
gengrauen setzte ein all- 
gemeiner kräftiger In- 
fanterieangriff gegen 
diesen Frontraum, be- 
sonders gegen Höhe 258, 
welche sich General 
Iwanow scheinbar 
als Lieblingshöhe er- 
koren hatte, an. 
der siebte unser sich 
gegenseitig unterstützen- 
des Infanterie- und 
Artilleriefeuer die an- 
greifenden Linien so 
locker, daß der Russe 
bald seinen Versuch auf- 
geben mußte. Ehe noch 
die Sonne aufgegangen 
war, hatte die 79. Hon- 
vöd -Jufanteriebrigade 
einen, die 80. drei feind 
liehe Angrisse mit ganz 
bedeutenden Verlusten 
für die Russen abge- 
schlagen. Nur beim 
Z.Bataillon des Hon- 
vödinfanterieregi ments 
Nr. 30 gelang es der 
feindlichen Infanterie, in unsere Gräben einzudringen, doch 
wurde sie bald durch einen Gegenangriff von Teilen des 
1. Bataillons dieses Regiments im Handgemenge geworfen. 
Was im Graben blieb, wurde niedergemacht. 
Schon um 8 Uhr vormittags war an der Front Höhe 258 
bis Südrand Toporoutz ein neuer heftiger Kampf im Gange. 
Nach Steigerung des Artilleriefeuers zu ungeheuerer Schnei- 
ligkeit gingen die Russen 12—14 Schwarmlinien tief unsere 
Gräben an, aber auch dieser wuchtige Stoß prallte an unserem 
zielsicheren Feuer ab. Nur stellenweise kam es zu wütendem 
Handgemenge, bei welchem die eingedrungenen russischen 
Fluten wieder ausgeschöpft wurden. 
Noch einmal, um 11 Uhr vormittags, drangen die Russen 
in Massen gegen Höhe 258 vor, sich mühsam einen Weg durch 
die Haufen gefallener Kameraden suchend. Eine volle Stunde 
währte der harte Kampf Mann gegen Mann mit Kolben, 
Bajonett und Fäusten, dann war auch dieser Einbruch er- 
ledigt. Aus einem ca. 80 Schritte breiten Grabenstück, das 
einstweilen in den Händen der Russen gelassen werden mußte, 
warf sie ein schneidiger Gegenangriff von Teilen der Honvöd- 
infanterieregimenter Nr. 6 und 30wieder hinaus, so daß alle 
Stellungen restlos in unserem Besitz blieben. 
Die Intensität des feindlichen wie des eigenen Artillerie- 
feuers hatte an diesem Tage ihren Höhepunkt erreicht. Die 
Zahl der von der feind- 
lichen Artillerie abge- 
gebenen Schüsse wurde 
auf 28 ovo geschätzt, die 
eigene Artillerie hatte 
binnen 18 Stunden über 
1600c» Schuß verfeuert. 
17 Geschütze mußten we- 
gen Uberbeanspruchung 
aus der Front gezogen 
werden. 
Unsere Truppen hat- 
das ihnen anver- 
traute Gebiet erbar- 
mungslos beschirmt und 
lagen die Russen 
zu Tausenden tot vor 
unseren Gräben. Alle 
hatten sie Czernowitz 
sehen wollen, denn so 
hatte es der Zar aller 
Reußen befohlen, aber 
die schöne Hauptstadt 
der Bukowina lag die- 
sen unglücklichen Opfern 
19. Jänner ebenso 
fern, wie zu Beginn 
der Offensive. 
Die Erkenntnis von 
der Erfolglosigkeit des 
großen Durchbruchsver- 
suches an der bessarabi- 
schen Front, an welchen 
nicht nur Rußland, son- 
dern auch seine Ver- 
bündeten die größten 
Erwartungen geknüpft 
hatten, wirkte nieder- 
schmetternd, wenn auch
	        
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