Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Neujahrsschlachten 1915/16. 
Der Kampf wogte einige Zeit hin und her, an einzelnen 
Stellen kam es zu erbittertem Handgemenge, vorwiegend 
nächst Hegerhaus 264, wo das Infanterieregiment Nr. 16, 
Teile des Schützenregiments Nr. 26 und des HonvSd- 
infanterieregiments Nr. 307 den mit Vehemenz geführten 
übermächtigen Angriff, trotz der vorhergegangenen depri- 
mierenden Wirkung des schweren Artillerietrommelfeuers, 
glänzend abwiesen. Der amtliche Bericht hebt die er, 
bitterten Kämpfe Mann gegen Mann in den zerschossenen 
Gräben beim Hegerhaus östlich Rarancze, wo sich insbe- 
sondere das Warasdiner Infanterieregiment neuerlich mit 
Ruhm bedeckte, besonders hervor. 
Auch weiter nördlich brach der russische Angriff unter 
großen Verlusten zusammen und um 5 Uhr nachmittags 
flaute der Kampf ab, wobei allerdings die beiden Linien 
auf 30 Schritte einander gegenüber liegen blieben. 
Die blutigen Verluste des Feindes waren an diesem Tage 
besonders groß: in einem nur 10 Kilometer breiten Abschnitt 
lagen nicht weniger als 2300 gefallene Russen vor der Front. 
Einzelne russische Bataillone, die mit 1000 Mann 
ins Gefecht gingen, sind laut ihren eigenen Met; 
düngen mit 130 Mann zurückgekehrt. 
Schwere Kämpfe entwickelten sich auch in der 
Samuszynfchlinge nordöstlich Okna, wo die russische 
74- Infanteriedivision mit Teilen bis an die Hinder-- 
nisse gelangte. Dort kam der Angriff zum Stehen. 
Ebenso wie an der bessarabischen Front scheb 
terten die Angriffe, die der Feind gegen die Brücken- 
schanze von Uscieczko führte und alle mit großer 
Zähigkeit erneuerten Versuche, im Raum nordöst- 
lich von Buczacz in unsere Gräben einzudringen. 
Als am 4. Jänner die beabsichtigte Ablösung 
der in der Einbruchsstelle östlich Rarancze stark 
durcheinandergekommenen Truppenteile eingeleitet 
wurde, ging nach heftiger Artillerievorbereitung 
tiefgegliederte Infanterie gegen die Höhen Dokzok, 
258 und 298 vor, die offenbar die in Gang befind, 
liche Ablösung wahrgenommen und den Augenblick 
nützen wollte, um sich des Frontstückes zu bemäch-- 
tigen. Der Jnfanterieangriff des Feindes flutete 
jedoch jedesmal in unserem Artilleriefeuer 
Auch ein in 8 Angriffswellen vorgetriebener ruft 
sischer Angriff östlich Rarancze scheiterte knapp an 
der eigenen Stellung, wo er zusammenbrach. 
So schloß bis zum 7. Jänner der erste Teil der 
russischen Angriffsunternehmung mit einem Verlust 
von über 50000 Mann an Toten, Verwunde 
und Gefangenen, ohne daß der Feind sein 
auch nur annähernd erreicht hätte. Fest wie ein 
Felsen im brandenden Meere stand unsere Front, 
unverrückbar und unbesiegbar. 
Aber da war ein Armeebefehl des 
Iwanow, welcher lautete: „Unser erhabener 
Herrscher, Zar N i k 0 l a n s, befiehlt, daß wir zum 
russischen Weihnachtsfest (dem 7.Jänner) Czernowitz 
erobern sollen. Wir müssen den Befehl ausführen. 
Jedem Soldaten, dem es gelingt, dieses Ziel zu 
erreichen, ist es gestattet, in Czernowitz zwei Tage 
lang zu plündern. Außerdem erhält jeder Soldat 
der ersten in Czernowitz einmarschierenden Ab, 
teiluug ein Geschenk von 50 Rubel." 
Was der pflichttreue Soldat, der todesmutige 
Held bisher nicht erreichen konnte, das sollte das 
geld- und weibslüsterne Tier zur Vollendung bringen. Plün- 
dern! Was alles mag dem russischen Muschik bei diesem Worte 
vorgeschwebt haben! Er stürmte los, nach mehrstündiger Artil- 
lerievorbereituug aus 4—5 schweren und mehreren Feld- 
batterien, stürmte der Muschik am 7. Jänner los, nachdem bis 
zu diesem Tage die im Zuge befindliche Truppenablösung ohne 
Störung durch den sichtlich erschöpften Feind hatte fortgesetzt 
werden können. Allein der russische Angriff bei Toporoutz 
brach neuerlich unter furchtbar blutigen Verlusten zusammen. 
Auch nordöstlich Buczacz entbrannte am Morgen des 7-Jän- 
ner ein heftiger Kampf. Unter dem Schutze des.Morgennebels 
gelang es einer frisch eingetroffenen turkestani'schen Schützen- 
brigade, welche aus sehr gutem Material bestand und zu dieser 
Art Angriff besonders geschult war, einen überfallsartigen An- 
griff durchzuführen, in unsere ersten Gräben einzudringen und 
sogar bis dicht an die Batterien heranzukommen. Aber die 
Honvödinfanterieregimenter Nr. 16 und 24 warfen den Feind 
in raschem Gegenangriff wieder hinaus, wobei zahlreiche Ge- 
faugeue und 3 Maschinengewehre eingebracht werden konnten.
	        
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