Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

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Feldzug gegen Rußland. 
mehreren Stellen das nördliche Ufer. Auch aus seinen 
Stellungen bei Chomsk und Drobiczyn wurden die Russen 
am folgenden Tage geworfen, so daß dem Anmärsche gegen 
Pinsk immer weniger Widerstand entgegenstand. Am 
15. September wurde die Stadt eingenommen, nachdem 
noch einige Gefechte für die Deutschen günstig verlaufen 
waren. Die Beute bei dieser Verfolgung belief sich auf 
21 Offiziere, 2500 Mann und 9 Maschinengewehre. Nach¬ 
dem am 18. September nördlich von Pinsk die Wisliza 
erreicht und südlich der Stadt der Strumen überschritten 
worden war, wurde in dieser Gegend die äußerste Front 
gebildet, welche fortan stabil bleiben sollte. Der Ort!ogu 
schin, welcher bereits von den Deutschen besetzt war, mußte 
vor einem umfassenden russischen Angriff wieder geräumt 
werden, so daß der Ginski--Kanal und die Jasiolda eine 
natürliche Frontlinie bildete. 
Anfangs Oktober wurde GFM. v. Mackensen mit 
der Leitung der militärischen Operationen in Serbien betraut 
und trat daher von jenem Kriegsschauplatze ab, auf dem 
er so unvergänglichen Ruhm erworben. 
Die Neujahrsschlachten 1915/16. 
Nachdem im Spätherbst 1915 die verbündeten Truppen 
ihre Front im Abschluß der von Gorlice ausgegangenen 
Offensive festgelegt hatten, kam es in Ostgalizien nicht mehr 
zu größeren Kampfhandlungen. 
Das erschütterte Ansehen bei den Balkanvölkern, die be; 
unruhigenden Nachrichten aus Serbien, wo Mackensen 
täglich mit wuchtiger Faust neue Stücke aus dem Vasallen- 
staat schlug und das Drängen Englands, durch einen Erfolg 
an der Grenze Rumäniens dieses zum Anschluß an die 
Entente zu bewegen, ließ neue Pläne in den Köpfen der 
russischen Machthaber heranreifen. So wurde eine Offensive 
großen Stils ins Auge gefaßt, welche als strategisches Ziel 
einen Vorstoß über die Bukowina anstrebte. 
Von allen Teilen der riesigen russischen Front wurden 
die besten Truppen nach Bessarabien dirigiert, auch von der 
Kaukasusfront kriegserprobte Truppen herangezogen, von 
denen man eine unüberwindliche Stoßkraft erwartete. Un- 
geheuere Transporte rollten heran, eben erst ausgebildete 
Korps standen an der unteren Donau, in den Räumen um 
Reni, Ismail und Kilia, die erst später nach unserer bess- 
arabischen Grenze verschoben werden' sollten. 
Immer lebhafter wurde es drüben. Geschütze standen 
da in langen Reihen, darunter wahre Ungetüme mit breiten 
Mäulern aus Japan. Sie werden die österreichisch-unga- 
rischen Linien zerkauen, werden den Weg bahnen durch die 
Bukowina, durch Galizien, und dann ist es um die rück- 
wärtigen Verbindungen der auf dem Balkankriegsschau-- 
platz stehenden verbündeten Heere geschehen. Donkosaken 
kamen, Tscherkessen kamen, denn es konnte sein, daß die 
Angreifenden einmal weichen und man ihnen mit Revolver 
und Nagajka nachhelfen muß. Die Nacht brach an und unter 
dem Schutze der Dunkelheit wurden Verschiebungen durch-- 
geführt, neue Menschenmassen in die Gräben gepreßt. Bei 
Morgengrauen fehlte da und dort ein breites Stück der 
starken Drahthindernisse, da und dort war die Schleuße 
durchbrochen, daß sich die Fluten der Angreifenden vor- 
wälzen konnten. 
Die umfassenden russischen Kampfvorbereitungen waren 
den Heeresleitungen der Verbündeten nicht verborgen ge-- 
blieben, aber sie waren nicht in der Lage, so starke Kräfte 
heranzuziehen, daß sie nur annähernd der russischen Streit- 
macht gleichgekommen wären. Fünf Armeen schützten den 
Raum vom Südteil der Rokitnosümpfe bis zur österreichisch-- 
rumänischen Grenze: Linsingen, Josef Ferdi- 
n a n d, B ö h m-E r m 0 l l i, Graf Bothmer, Pflan- 
z e r-B a l t i n. Der linke Flügel der Armee Pflanzer-- 
B a l t i n, gegen welche sich die stärksten Angriffe der Russen 
richteten, stand unerschütterlich eingegraben am Ostufer der 
mittleren und unteren Strypa. Die Dnjesterfront zwischen 
Uscieczko und der zweiten Dnjesterschleife östlich Zaleszczyki 
bildete das Zentrum und die bessarabifche Front zwischen 
Dnjester und Bojan am Pruth den rechten Flügel, der — 
im allgemeinen wenige Kilometer von der russischen Grenze 
entfernt — dieser entlang verlief und in den Hauptpunkten 
Dobronoutz—Toporoutz—Rarancze und Zurin am Pruth 
das Ziel des heftigsten Trommelfeuers und der folgenden
	        
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