Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Der Sommerfeldzug in Russisch-Polen 191?. 
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FML. v. Arz krönte hier mit seinem k. u. k. VI. Korps 
seine Ruhmestaten. Zwischen Bahn und Krznafluß säuberte 
er im Hagel der Festungsgeschosse das Vorfeld vom Feinde, 
arbeitete sich mühsam an den Fortsgürtel heran, durchbrach 
ihn in den Abendstunden des 25. August bei der Bahnlinie 
halbwegs Dobrynka und Brest-Litowsk und nahm ein Werk 
im Sturm. — 
Wie hier unmittelbar vor der Festung waren auch die 
russischen Streitkräfte nördlich der Krzna angefeuert zu 
äußerstem Widerstande. Stauungen im Abfließen der 
feindlichen Massen über die Bugbarriere waren die Ursache, 
daß hier wie dort noch Tausende hingeopfert wurden. 
Bis 19. August dauerten die Kämpfe im Räume süd* 
östlich Janow und am Bug von hier abwärts, wo Erzherzog 
Joseph Ferdinand einer festgefügten feindlichen 
Stellung gegenüberstand. An der Pulwa trachtete der Feind 
dann wieder auszuharren. Bis 
23. August nahmen jedoch die hier 
aufgebotenen Streitkräfte der deut-- 
fchen u., k. u. k. 4. Armee und der 
Heeresgruppe des Prinzen Leo- 
pold vonBayern auch diese 
Widerstandslinie und standen am 
25. August an der Lesna. 
Brest-Litowsk, somit an 
diesem Tage im Süden 
und Norden der Über- 
flüglung durch die Ver- 
bündeten preisgegeben, 
von Westen unwidersteh- 
lich angerannt, mußte 
fallen. DieRussen räum- 
ten es in Hast, und am 
26. August war die Fe- 
stung in den Händen 
v. Mackensens. — 
Am 26. Juni hatte v. M a k- 
kensen seine Offensive zwischen 
Bug und Weichsel begonnen. Zuerst 
rein nördlich vorstoßend, vollzog er 
nach und nach die Schwenkung in 
nordöstliche und östliche Richtung. In 2 Monaten hinter- 
legten die Verbündeten die bei 200 Kilometer Luftlinie 
messende Strecke Tanew—Brest-Litowsk, zahllose Wasser- 
linien, Sümpfe passierend, durch meistens weglose Gebiete 
und hinweg über die zahlreichen feindlichen Stellungen, die, 
von langer Hand vorbereitet und an das Vollkommenste von 
feld mäßigen Befestigungen heranreichend, oft buchstäblich bis 
zum äußersten gehalten worden waren. Der Feind führte 
Verzweiflungskämpfe, denn er wußte, daß es vom Tempo 
des Vorwärtskommens der Verbündeten hier abhing, ob 
und wie lange er sich im Weichselgebiete und weiter nördlich 
gegenüber den Streitkräften v. H i n d e n b u r g s zu be- 
haupten vermag. Zielte doch die Stoßrichtung v. M a k- 
k e n s e n s auf die Lebensfäden seiner Armeen, die Bahn- 
linien und großen Straßen ins Reichsinnere. 
Die Verbündeten erwiesen sich sowohl in taktischer wie 
in strategischer Hinsicht ihrem Feinde überlegen. 
Ihre Taktik waren Erzielen der artilleristischen Über- 
legenheit, hierauf ungestümes Angehen, fortwährendes 
Jnatemhalten und rücksichtsloses Verfolgen des Feindes 
bis zu seinem neuen Haltpunkte. Die Taktik hatte ihren 
zuverlässigen Rückhalt in hervorragenden Offizieren und 
Soldaten, deren Qualitäten durch das Siegesbewußtsein 
noch erhöht waren, denen Kampf- und Angriffsfreude im 
höchsten Maß innewohnten. 
Die Kunst der Kriegführung im großen, die Strategie, 
erlebte einen Triumph. 
Die Verbündeten, ringsum eingekreist von mächtigen Fein- 
den, brachten es zustande, am russischen Kriegsschauplatze einen 
lückenlosen Damm mit Streitkräften erstehen zu lassen, den 
die Russen an keiner Stelle ihrer Front vom Meere bis zum 
Dniester durchbrechen konnten. Es war ein geschlossenes 
Kraftaufgebot der Verbündeten, wie es die Geschichte bis- 
nun nicht kannte. Sinzig und allein auf diese Weise, durch 
das Umdämmen der ganzen russischen Front, war es möglich, 
die Erfolge zu erzielen, die im Vorstehenden geschildert wurden 
und jene der an M a ck e n se n anschließenden Armeen. 
Die westlichen Alliierten erleichterten es den Verbündeten, 
Rückkehrende Flüchtlinge. 
ihr gestecktes Ziel unaufhaltsam zu verfolgen, denn England 
und Frankreich waren müßige Zuschauer. Nur die Italiener 
zeigten sich beflissen, im Görzischen mit beiläufig 17 Divisionen 
anzugreifen und österreichisch-ungarische Streitkräfte zu 
binden. Das k. u. k. Armeeoberkommando 
widerstand jedoch der Versuchung, die 
Nordostfront zu schwächen. Dieses und 
die Widerstandskraft der österreichisch- 
ungarischen Wehrmacht am Jsonzo bilden 
Hauptfaktoren für das Gelingen der 
großen Operation gegen die Russen. 
Ebenso wie die Kampfhandlungen breiter Fronten oft auf 
die Stunde, so waren das Hin- und Herleiten hier entbehr- 
licher,dort benötigter Truppen zum vollsten Einklänge gebracht. 
Die Kräfteverschiebungen im Großen wie im Kleinen, 
das Zusammenfassen von Korps, von Bataillonen und 
Batterien heute hier, morgen dort zur Erreichung der ört- 
lichen Überlegenheit und Sicherung des Erfolges waren 
ebenso markante Erscheinungen wie die rechtzeitigen, nicht 
selten sehr erschwerten Sichersiellungen der materiellen 
Kampferfordernisse für Mann, Pferd und Geschütz. 
War die Armee v. P n h a l l 0 s der sichere Pfeiler für
	        
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