Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

88 Feldzug ge 
Grüdeker Teichlime zu ermöglichen, von Nordwesten her 
flankierend gegen Lemberg vorgegangen werden. Der rechte 
Flügel der Armee Mackensen sollte deshalb gegen Zok- 
kiew, die Mitte gegen Magierüw, der linke Flügel gegen Rawa 
Rnska vorstoßen. Die Grüdeker Teichlinie selbst sollte durch 
Böhm-Ermoll i, dessen Nordflügel das deutsche Bes- 
kidenkorps bildete, zwischen Kamieniobrod und Komarno an- 
gegriffen und zurückgedrängt werden. In ähnlichem Sinne 
hatte die Südarmee unter Festhaltung des Gegners zu 
demonstrieren,während ErzherzogJosesFerdinandund 
Pflanzer-Baltin alle diese Bewegungen auf dem 
äußersten linken, bzw. rechten Flügel zu decken und gegen 
Überraschungen zu sichern hatten. 
Der Mitte und dem linken Flügel der Armee Böhm- 
E r m o l l i wollten am 16. Juni feindliche Nachhuten «est; 
lieh der Wereszyca Aufenthalt bereiten und es kam in 
den späten Nachmittagsstunden zum Kampf. Die Mitte 
erstürmte die Stellungen bei Wckczuchy und Dobrzany, 
kurz nach Mitternacht drang das Infanterieregiment Nr. 102 
unter erbittertem Ortskampf in den westlichen Teil von 
Grüdek ein. Auch der linke Flügel nahm abends mehrere 
Orte und Stützpunkte vor dem nördlichsten Teiche und 
schob fich an die Übergänge heran. 
Das Gros der Armee Mackensen erreichte ohne 
wesentliche Kämpfe Niemirüw und den Raum um Kurniki. 
Der linke Flügel, gegen Nordost gewendet, hatte heftige 
Kämpfe zu bestehen, da sich die Russen auf den Höhen jen- 
seits Lubaczüw zu energischem Widerstand festgesetzt hatten. 
Am 17. kam diese Armee vor den feindlichen Hauptstellungen 
an und stellte sich zu einem Durchbruch bereit, der am 19. 
über Magierow gegen den Raum Zokkiew—Rawa Ruska 
unternommen werden sollte. 
Auch der Vormarsch der Armee Erzherzog Josef 
Ferdinand konnte nur unter heftigen Kämpfen bewerk- 
stelligt werden, da die Russen östlich Cieplice durchzubrechen 
versuchten. Sie' erzielten dabei keinen Elfolg. Als am 17. 
die starken Stellungen nordöstlich Eöwköw erstürmt und 
dadurch die russischen Stellungen durchbrochen wurden, 
wich der Feind auf der ganzen Linie gegen Narol, Tarno-- 
grüd und den unteren Tanew zurück. 
Inzwischen sauste auch schon an der Grüdeker Teichlinie 
der zweite Streich nieder, der von der Armee Böhm- 
Ermolli geführt wurde. Ein besonders heftiger Kampf 
entwickelte sich am 17. um Grüdek, wo Haus um Haus 
erstürmt werden mußte. Der linke Flügel erzwang indessen 
den Übergang bei Kamienobrod, der Südflügel ging gegen 
die Übergänge von Komarno und Labien Wk. vor. Am 
18. wurden die Kämpfe fortgesetzt und Grüdek den Russen 
nach hartem zostündigem Ringen abgenommen. Der Süd-- 
flügel erstürmte gleichzeitig Komarno. 
Am 19.war der Höhepunkt des Kampfes. 
Nach zweistündigem Wirkungsschießen setzte um 7 Uhr 
früh der Jnfanterieangriff der Armee Mackensen gegen 
den sehr starken und zu dauerndem Widerstand entschlossenen 
Feind auf den Höhen von Magierow an. Die Mitte des 
Stoßkeils, darunter unser VI. Korps, durchbrach nachmittags 
westlich und südlich Magierow die feindliche Front und 
drang bis zum Abend tief in die feindliche Stellung, bis 
an die Eisenbahn Rawa Ruska—Zckkiew, vor. Die Helden- 
mütige Haltung des Vi. Korps fand die besondere An-- 
erkennung des Armeekommandanten. 
Die Armee Böhm-Ermolli hatte schwere Arbeit zu 
leisten, um im Laufe des Tages an die Höhenstellungen des 
n Rußland. 
Feindes jenseits der Wereszyca heranzukommen. Der äußerste 
Südflügel erzwang den Übergang nächst der Wereszyca- 
Mündung und ging zum Angriff gegen die bewaldeten 
Höhen vor. Die Mitte entwickelte sich aus Grodek heraus 
gegen die starken Stellungen auf der Grüdecka Güra, ter 
linke Flügel entriß die dem Orte Wielkopole vorgelagerten 
Stützpunkte, worauf um 5 Uhr nachmittags das Wir- 
kungsschießen auf die Stellungen bei Wielkopole und 
Stradcz begann. Als die russischen Stellungen genügend 
erschüttert waren, ging die Infanterie zum entscheidenden 
Angriff vor. Stützpunkt auf Stützpunkt fiel den Angreifern 
in die Hände und um 4 Uhr früh konnte die Höhe bei Stradcz 
erstürmt werden, die sich im September des Vorjahres 
als so wichtig erwiesen hatte. 
Auch an den übrigen Teilen der Wereszycafront er- 
rang die Armee Böhm-Ermolli im Laufe des Abends 
und der Nacht bedeutende Erfolge. Der Südflügel erstürmte 
die Höhen an der unteren Wereszyca, die Mitte durch- 
brach die feindlichen Stellungen an der Grüdeker Straße. 
Ein Stück der feindlichen Front nach dem andern trat den 
Rückzug an, der bei Tagesgrauen allgemein wurde. 
Die Schlacht war nach dem geglückten Doppeldurchbruch 
der Verbündeten für die Russen nicht nur verloren, sie wurde 
für sie auch zum Chaos. Im Bergland von Niemirüw—Rawa 
Ruska durchbrochen, an der Wereszycafront aus ihren Ver- 
schanzungen herausgeschleudert und fast aufgerieben, blieb 
ihnen nichts übrig als schleuniger Rückzug. Aus mehreren 
tiefen Wunden blutete die durchlöcherte russische Fronte so 
daß die letzte Kraft verströmen mußte. 
Menschlicher Berechnung nach hätte nun Lemberg den 
Siegern als reife Frucht in den Schoß fallen müssen, aber 
der Starrsinn des Großfürsten Nikolaj hatte es anders 
beschlossen. Er wollte sich immer noch nicht geschlagen geben 
und erteilte daher den Befehl, Lemberg unbedingt zu halten 
und wenn es eine Million kosten sollte. So opferte der 
militärisch sonst durchaus nicht unbegabte russische Ober- 
befehlshaber abermals Tausende tapferer Soldaten zweck- 
und nutzlos einer seiner neronischer Launen, denn es war 
von vornhereiu klar, daß sich die Stadt gegen den von 
drei Seiten konzentrisch angesetzten Angriff der Verbündeten 
und gegen ihre übermächtige Artillerie nicht weide hallen 
können. 
13. Schlacht bei Lemberg. 
(20.—22. Juni.) 
Wenn Lemberg auch nicht geradezu als Festung ange- 
sprochen werden kann, so fand die zurückweichende russische 
Armee doch in den von den Russen noch vermehrten und 
verstärkten Feldwerken starke Stützpunkte. Außerdem bot 
sich im Anschluß an Lemberg im Süden die günstige Stellung 
auf den Höhenrücken östlich des Szczerek, längs der Straße 
nach Mikolajüw, welcher befestigte Brückenkopf als Flügel- 
abschluß am Dnjester diente. Die Mitte der Schlachtfront 
bildete die West- und Nordwestfront des Lemberger Gürtels: 
Westende Sokolniki, Rzxsna Polska, Höhen von Brzucho- 
wice zwischen dem Pektew und der Niederung von Dublany. 
Nördlich schlössen sich feldmäßig befestigte Stellungen west- 
lich Kuliküw an, die im Bogen über Glinsko um Zükkiew 
herumzogen, sodann längs der Straße nach Rawa Ruska 
verliefen und die Verbindung mit dem bisher unerschüttert 
in seiner Stellung verbliebenen, gegen Süden gekehrten 
rechten Flügel in der Linie Brusno Str.—Cieszanüw— 
Lrkkiniec Nw.—Osuchy—Tanew bildeten.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.