20 Die Kriegsereign
Andauernder Regen wandelte stellenweise Boden und
Kampfgelände zu Morast und Sumpf, verdarb jede Lust zu
größeren Unternehmungen und schien auch die Kraft der
feindlichen Kämpfer zu zermürben, denn am 4./11. setzte ein
wohlvorbereiteter Angriff die Deutschen fast ohne Verluste in
den Besitz des Dorfes Mosheiki (östlich von Goduziszki)
samt 80 Gefangenen, mehreren Maschinengewehren und
Minenwerfern. Artillerie sprach wieder und am 6./u. erregte
sie sich zwischen Dünaburg und dem Naroczsee über das
gewöhnliche Maß. Die Russen verlangten nach ihrer bei
Mosheiki verloren gegangenen Stellung und sammelten
auch südlich der Moskauer Straße Stoßtruppen. Ohne
Erfolg! Beide Angriffe wurden abgewiesen.
Drei Tage später (9./11.) stürmten brandenburgische
Truppen und das Infanterieregiment Nr. 401 unter Gen.
v. W 0 y n a bei Skrobowa mehrere feindliche Vertei--
digungslinien in 4 Kilometer Breite, drängten die Russen
über die Niederung zurück und gewannen durch diesen sorg--
fältig vorbereiteten und mit den modernsten Kämpft und
Nahkampfmitteln durchgeführten Angriff günstige Winter-
stellungen, außerdem 52 Offiziere, 3786 Mann Gefangene,
33 Maschinengewehre und 18 Minenwerfer. „Die Gesamt-
Verluste des Feindes bei dieser Unternehmung und dem
anschließenden Gegenangriff (am nächsten Tage) werden
mit etwa 10 000 Mann an Toten, Verwundeten und Ge-
fangenen nicht zu hoch gerechnet sein." —
, Einige Zeit später rührte sich der Feind wieder im Brücken-
ops von Dünhof (südöstlich Dünaburg). Dort hielt er Teile
des südlichen Dünaufers besetzt, bedacht, seine Stellungen
zu verbessern und die ihm während des Sommers entrissenen
Gräben wieder zu erringen. Aber die Gefechte und Angriffe,
die er in Verfolgung dieses Zieles führte, brachten ihm nur
neue Verluste. Am 15./1 >.. verjagte deutsches Artilleriefeuer
vorgehende russische Jnsanterieabteilungen und schlug am
18./U. in Gemeinschaft mit Bomben schwerer Minenwerfer
auf die feindlichen Stellungen und eine über die Düna ge-
schlagene Brücke nieder. Südwestlich Riga holten am 21./N.
Stoßtrupps deutschen Landsturms 33Gefangene und 2 Ma-
fchinengewehre ohne eigene Verluste aus russischen Gräben.
Nach langer Zeit zeigten sich im Rigaischen Meerbusen und
an der Südküste der Insel Osel wieder einmal russische Torpedo-
boote und größere Schiffe — nur in Sicht der Küstenbesatzung.
Dann stießen deutsche und feindliche Jagdkommanden am
äußersten nördlichen Flügel, knapp an der Küste zusammen
und «M 22./U. verbluteten kleine Patrouillenvorstöße südlich
Smorgon.
Neuerdings schlugen im Seengebiete die Geschütze starken
Wirbel. Am 3./12. peitschte der Feind Truppen nördlich des
Dryswjatysees vor, in sicheres Verderben. Nur am 7./12.
vermochten sich russische Patrouillen in eine Feldwachen-
stellung einzubeißen, wurden aber doch vertrieben. Auch der
8./12., an dem mehrere feindliche Kompagnien nördlich des
Naroczsees vorstürzten, endete mit großen Verlusten für sie.
Ebenso waren russische Angriffe an der festgefügten Düna-
front zerschellt. Dort wiederholten sie sich am 16./12. in ver-
stärktem Maße. Feindliche Geschütze spien über 8000 Granaten
auf die Stellungen bei Jllnxt und als die russischen Sturm-
kolonnen anbrausten, stockten sie und zerstoben im Feuer der
Verteidiger.
Nun nahmen zwischen Dünaburg und dem Naroczsee
die Geschütze den Kampf auf, schlugen erbost an und gerieten
in heftige Wallung. Doch die kleinen Jnfanterieangriffe
russischer Abteilungen nordöstlich von Goduziski, nördlich des
e an der Ostfront.
Dryswjatysees (20./12.) und südöstlich Riga (21./12.) konnten
diese Aufregung gar nicht rechtfertigen. Auch die starken
feindlichen Jagdtrupps, die sich am 31./12. abermals bei
Riga vorwagen wollten, wurden zu schleuniger Rückkehr
gezwungen. Dies war die allerdings wenig Erfolg ver-
heißende Einleitung eines neuen Zeitabschnittes russischer
Ablenkungsversuche auf dem nördlichen Teile der Ostfront.
* 5
*
Während in der ersten Woche des neuen Jahres im Süd-
osten wichtige Ereignisse zur Reife gediehen, die gänzliche
Säuberung der Dobrudfcha, die Einnahme von Braila, die
Eroberung Focsanis und die feindliche Gegenoffensive am
Sereth scheiterte, vermochten sich die Russen an der Nordfront
nur zu Teilstößen aufzuraffen.
Am 1./1. 1917 fühlten russische Jagdkommanden südlich
Riga und südwestlich Dünaburg vor und machten sich am
2./1. auch südlich des Dryswjatysees bemerkbar, wurden aber
überall zurückgetrieben.
Da überschritten Kompagnien des Oldenburgischen In-
fanterieregiments Nr. 259 am 3.A. das Eis der Düna nörd-
lich Jlluxt, entrissen dem Feinde die kleine Insel Glaudon
und erbeuteten 40 Gefangene und einige Maschinengewehre.
Damit begannen heftige Kämpfe in der Linie zwischen der
Küste und Friedrichsstadt. Nach einleitendem Geschützfeuer
führten die Russen am 4. und 5./1. heiße Stürme um die
verlorene Insel, wollten mit aller Gewalt hier einen Erfolg
erzwingen und vergossen doch nur unnütz ihr Blut.
Günstiger verlief für sie am gleichen Tage der Angriff
zwischen der Küste und der Straße Mitau—Riga, wo es ihnen
gelang, östlich der Aa in Bataillonsbreite über hartgefrorenen
Sumpf in eine deutsche Stellung einzudringen. An allen
übrigen Stellen aber wurden sie abgewiesen und büßten bei den
Gegenstößen 900 Gefangene und mehrere Maschinengewehre
ein. Trotzdem warfen sie am nächsten Tage in den Raum bei
Mitau neue starke Kräfte zum Angriff vor, führten mit großer
Anstrengung aber erst am 7./1. westlich der Straße Mitau—
Riga eine geringe Erweiterung des am 5./1. erzielten Ge¬
ländegewinnes herbei. Abends mißlang auf dieser Front ein
russischer Versuch, Jagdkommandos vorzutreiben und auch
die neuen Angriffe beiderseits der Aa scheiterten. Schnee-
wetter hemmte Ausblick und dämpfte Schall und jegliches
Geräusch, so gelang es dem Feinde, die ihm einst verloren
gegangene Insel Glaudon überraschend zurückzugewinnen.
Ans westliche Dünaufer vermochte er jedoch nicht zu gelangen.
Erfolglos verliefen am 9./1. russische Angriffe südwestlich
Riga und längs der ganzen Front von der Küste bis zum
Naroczsee wurden Vorstöße kleinerer feindlicher Abteilungen
aufgefangen. Dann meldeten sich Geschütze. Erst am u./j,
versuchten russische Kompagnien ein Vordringen an der Bahn
Dünaburg—Wilna, mußten aber mit blutigen Verlusten
umkehren.
Dann wurden nach mehrtägiger Ruhe am 16./1. Kämpfe
südlich Smorgon laut, wo die Russen nach starker Artillerie-
Vorbereitung in deutsche Gräben eindrangen, die sie aber nicht
zu behaupten vermochten und bei einem deutschen Gegen-
angriff unter Zurücklassung zahlreicher Toter räumten.
Klares Wetter vermehrte die Geschütztätigkeit auf beiden
Seiten. Bei Kraszyn fiel eine deutsche Feldwachenstellung
zehnfacher feindlicher Ubermacht in die Hände, gelangte aber
durch einen gut geführten Gegenstoß wieder in deutschen
Besitz. Kleine Kämpfe flammten auf: östlich Baranowicze, bei
Friedrichstadt und westlich Dünaburg.