Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges Band III. (3; 1920)

Von der siebenten bis zur elften Schlacht am Jsonzo. 115 
Mitte November wurde 
die neue Front an einer 
Stelle auf der Höhe von 
San Martino östlich Görz 
etwas verbessert. Am 14. 
wurden hier einige am 
1. November geräumte 
Gräben der Stellung 
„Haus der zwei Fichten" 
von unseren Truppen 
zurückgewonnen, wobei? 
Offiziere und 475 Mann 
gefangen genommen und 
7 Maschinengewehre er-- 
beutet wurden. In der 
Nacht zum 15. gelang es 
den Italienern, sich in 
einer Ausdehnung von 
500 Schritten wieder in 
den Gräben festzusetzen, 
aber am 16. früh wurden 
ste restlos hinausgewor¬ 
fen, wobei abermals 
Gefangene gemacht und 
2 Maschinengewehre er-- 
beutet wurden. 
Nach den Berichten 
neutraler Blätter hatte 
der Mißerfolg in der 
neunten Isonzoschla cht auf 
die Stimmung in Italien 
noch niederschlagender gewirkt als die früheren, weil man 
diesmal von dem Vorstoß, der so entsetzliche Verluste kostete, 
ganz sicher die Besitznahme von Triest erhoffte. Die „Neuen 
Züricher Nachrichten" hoben hervor, baß der letzte italienische 
Echec auch Einfluß auf die allgemeine militärische Lage habe, 
da nun keine Rede davon sein könne, daß Italien eine Hilfst 
armee an die Westfront abgebe. Das Heldentum der öster-- 
reichisch-ungarischen Truppen, welche einer gewaltigen Über- 
macht gegenüberstanden, sei in diesen Tagen eine wertvolle 
Hilfsaktion für die Deutschen im Westen gewesen. 
Auch die italienischen Blätter, deren Berichterstattung 
in der jüngsten Zeit mit einigen Ausnahmen überhaupt 
ernster und verläßlicher geworden war, zumal das eigene Lese- 
Publikum die sonst beliebt gewesenen phantastischen Berichte 
zuletzt energisch ablehnte, zeigte bei allen Lobsprüchen für 
die eigenen Truppen und deren Führung Respekt vor der 
österreichisch--ungarischen Verteidigung. Allerdings wollten 
ste von einer durch das Mißlingen der neunten Offensive 
herbeigeführten Erschöpfung natürlich nichts wissen, sondern 
erklärten, daß die kurze Ruhepause an der Front nur vorüber-- 
gehend sei und die Offensive mit allen Mitteln fortgesetzt 
würde. Der außerordentliche Aufwand an Kriegsmaterial 
erfordere, daß von Zeit zu Zeit Zwischenpausen eintreten, 
um die Bestände zu ergänzen. Andererseits mußte man ben 
Truppen, die unter unerhört schwierigen Verhältnissen gegen 
einen zähen Gegner kämpfen, zeitweilig Ruhe gönnen. Von 
einer Einstellung der Offensive- sei aber keine Rede. 
In der Tat glaubte man anfangs Dezember auch unserer-- 
seits an der küstenländischen Front, daß ein neuer italienischer 
Generalangriff unmittelbar bevorstehe. Darauf deutete die 
Verteilung der feindlichen Kräfte. Alle Brigaden, die in 
der neunten Jsonzoschlacht schwer gelitten oder sich nicht be¬ 
währt hatten, wurden aus der Front gezogen und durch 
Verbände aus anderen Abschnitten ersetzt. Diese neuen 
Truppen kannten das Karstterrain nicht und wären vermut-- 
lich weniger sturmscheu gewesen. Auch die italienische Ar-- 
tillerie hatte sich bereits einzuschießen -begonnen. Ende 
November war es zu heftigen Geschützkämpfen gekommen, 
bei welchen es unserer Artillerie gelang, mehrere Munitions-- 
depots der Italiener in die Luft zu sprengen. Eine mächtige 
Explosion konnte man am 30.November früh in der 
Richtung gegen Ronchi vernehmen, die zweite noch heftigere 
gegen Opacchiafella zirka um %i2 Uhr. Hervorragenden 
Anteil daran hatten unsere braven Flieger gehabt, die in 
kühnem Fluge unser Artilleriefeuer leiteten. In dem weit 
hinter unserer Front liegenden Orte Wippach zitterten Häuser 
wie beim stärksten Erdbeben und von höher gelegenen Punkten 
der dortigen Gegend konnte man ganze Berge von Rauch 
wahrnehmen, als ob drüben ein Vulkan in Tätigkeit wäre. 
Der erwartete Angriff des Gegners im Dezember unter- 
blieb. Das eingetretene schlechte Wetter mit Regen und Nebel 
scheint hiebei ein Hauptgrund gewesen zu sein. Der zweite 
Kriegswinter an der Südwestfront hatte begonnen. Unsere 
Truppen sahen ihm ungebrochenen Mutes entgegen. Ihre 
Versorgung und Verpflegung war, dank dem trefflich ge-- 
regelten Nachschubdienste eine vorzügliche, die Ausrüstung 
mit Winterkleidung bereits vollzogen. Für die Unterbringung 
und Sicherheit der Truppen war auch in den neuen Stellungen 
durch Anlage unterirdischer Unterkünfte hinter der ganzen 
Front ausreichend gesorgt: an gedeckten Stellen waren 
ganze unterirdische Städte angelegt, eine Meisterleistung 
unserer technischen Truppen, mit allen erreichbaren Bequem-- 
lichkeiten ausgestattet. Küchen, Kanzleien, Sanitätsanstalten, 
Wohnungen für Offiziere und Mannschaft waren in diesen
	        
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