3. Jänner
1605
Vertreter der nunmehr, allerdings bloß äußerlich, katholisch ge—
machten Städte und Märkte zugelassen werden sollten, wodurch
im ständischen Ausschusse die Protestanten in die Minderheit kamen.
Kardinal Klesel beantragte beim Kaiser sogar die Aufhebung der
evangelischen Religionsduldung, weil — wie er sich nicht scheute
auszusprechen — jede Anordnung des Herrschers, welche die Reli—
zgion berühre und Andersgläubigen Duldung gewähre, ungiltig
sei und der Landesfürst jederzeit Privilegien, die er erteilt habe,
wieder aufheben könnes9). U
In Oberösterreich versuchte damals der Landeshauptmann
Löbl die Sperung der Pfarrkirchen Peuerbach und Natternbach,
welche mit evangelischen Pfarrern besetzt waren, durchzusetzen. Der
kaiserliche Landrichter wurde abgeordnet, die Schlüssel an sich zu
nehmen. Als er aber mit der Exekutionsmannschaft vor dem Markte
Peuerbach erschien, fand er die Tore versperrt; aber am nächsten
Tage liefen tausend Bürger und Bauern zusammen, deren Stellung—
nahme ihn bewog, unverrichteter Sachen wieder abzuziehen: Ge—
waltanwendung hätte vielleicht gleich damals einen Bauernauf—
ruhr erregt, denn es hieß, daß in ein paar Tagen dreitausend
Männer zur Stelle sein würden und daß Ansager bereits über
die Donau geeilt seien, um die Mühlviertler aufzubietenso).
Nur die Zwietracht im Kaiserhause selbst war es, welche das
weitere Fortschreiten der Gegenreformation, wie man die gewalt—
same Bekehrung des Volkes zum katholischen Glauben nannte, für
den Augenblick vereitelte.
CCXV
Der Bruderzwist im hause habsburg, die Abermacht
der Stande.
1608
Kaiser Rudolf, von Natur aus melancholisch, hatte sich auf
seinem Schlosse zu Prag immer mehr abgeschlossen; seine krank—
hafte Reizbarkeit steigerte sich nach und nach zu förmlichen Wut—
ausbrüchen und zum Verfolgungswahne. In seinem Mißtrauen
sah er in seinem Bruder Erzherzog Matthias nur einen Neben⸗
buhler, der ihn, vom Throne stürzen wolle. Unverdiente Zurück—
setzung trieb diesen endlich den unzufriedenen Ständen in die
Arme; mit ihrer Hilfe rückte er mit einer Armee in Böhmen
ein und zwang den Kaiser, ihm die Regierung von Ungarn, Oester—
reich und Mähren abzutreten.
Die oberösterreichischen Stände unter der Führung des Frei—
herrn Georg Erasmus Tschernembl von Schwertberg benützten die
Abdankung Rudolfs, nahmen die Stadt Linz und das Schloß tn
Besitz und setzten den Landeshauptmann ab. Die protestantischen
Herren, Ritter und Städte von Ober- und Niederösterreich schlossen
sich zu einem Bündnisse zusammen, wornach sie sich verpflichteten,
dem Erzherzog Matthias erst nach Bestätigung ihrer Privilegien