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erdichteten Niedertracht oder Verrat der Furlaner Bauern zu be¬
gründen. So hieß es in einem weiteren Bericht über den Vorfall in
Campolongo, die österreichischen Bauern in Villesse hätten dem
Befehl der Serenissima getrotzt und keine Anzeige über die ihnen
bekänntgewesene Vorbereitung zu einem Streifzug dem veneziani¬
schen General in Mariano zugeschickt. Das furchtbare Strafgericht
über Villesse sollte die seit Maximilian I. unverbrüchlich gehaltene
Treue und die traditionelle Anhänglichkeit der östlichen Friauler
an das Haus Habsburg und an Österreich nun gewaltsam zu einem Auf¬
hören bringen. Daß die österreichische Gesinnung im ganzen Lande
den venezianischen Kriegsuntemehmungen manchen Schaden
brachte, das steht anderseits, aber zur Ehre der treuen Laiides-
bewohner, außer Zweifel.
Scharmützel vor Gradiska. (16. Juni 1616.)
Der letzte gelungene Streifzug in das venezianische Gebiet
hatte nun auch zu anderen Unternehmungen Veranlassung gegeben.
Mitte Juni schon versuchte Trautmannsdorf mit einer Stellung im
Vorfeld von Gradiska festen Fuß zu fassen und gleichzeitig einer
jener Abteilungen habhaft zu werden, die eben Villesse und Um¬
gebung so schwer heimgesucht hatten. Er führte zu diesem Zweck
am frühen Morgen des 16. Juni neun Kompagnien Kürassiere und
Infanterie in einer Stärke von etwas mehr als tausend Mann über den
Isonzo und konnte sie unbemerkt an der Westfront von Gradiska in
dem Wallgraben versteckt halten, während ein Teil gegen Westen
bis in die nächste Wiesenflur (prateria) vorrückte, der sich
beiderseits der von Mariano zum Isonzo führenden Straße ver¬
schanzte. Gleichzeitig rückte eine Reiterabteilung weiter vor, um
den Feind in eine Falle zu locken. Im Feldlager zu Mariano faßte
man das Erscheinen offensiv sich bewegender Truppen als Ein¬
leitung eines neuerlichen Einfalles in das venezianische Gebiet auf.
Sofort wurde dem Feldlager der Befehl gegeben, diesen Anmarsch
durch ein offenes Gefecht zu hindern und das gemeldete Streif¬
kommando abzufangen. Mehrere Reiterkompagnien und Infanterie,
geführt von Foscarini, Martinengo und Rossi, marschierten in Ge¬
fechtsformation gegen Gradiska. Eine starke Vorhut (Reiterei) ging
von Trevigiano geführt voraus. Er hatte den Befehl, im Augenblick
der Fühlungnahme mit dem Gegner die Vorhut zu teilen, nach rechts
und links abzuschwenken und im Flankenangriff anzureiten, um
den frontal geführten Stoß der Hauptmacht vorzubereiten. Trevi-