107
In nächster Nacht D’Ampierre persönlich einige Reiterkompagnien zu
irgend einem Überfall über den Isonzo hinüberführte. Der Plan des
Venezianers schien zu gelingen, denn hinter D’Ampierre konnte der
Kordon geschlossen und die Wege für dessen Rückmarsch ver¬
barrikadiert werden. Don Giovanni Medici rückte mit seiner ganzen
Streitmacht noch in der Nacht ins Feld. Da hörte man plötzlich
den Einzelschuß der Alarmkanone in Mariano, der nach den jüngsten
Alarmvorschriften des Feldmeisters dann zu lösen war, wenn ein
feindlicher Angriff das Feldlager unmittelbar gefährdet, und der
als das Signal für das allgemeine Einrücken zur Lagerverteidigung
verabredet war. Daß der Alarmschuß nur die Folge eines Mi߬
verständnisses war, wurde zu spät bekannt. Es ließ sich nicht mehr
verhindern, daß die zum Angriff ausmarschierte Haupttruppe, die
Kordonmannschaften, die Belagmannschaften der kleinen Quartiere,
daß alles nach dem angeblich bedrohten Mariano geradenwegs
zurückeilte. Don Giovanni Medici gibt selbst noch die Befehle zum
raschen Zurückgehen, da er nach dem Alarmschuß einen Ausfall der
Gradiskaner Besatzung gegen Mariano fürchten muß. D’Ampierre
sieht sich entdeckt und vor sich alles alarmiert, so daß er in den
konfusen, zunächst unerklärlichen Bewegungen des plötzlich überall
auftauchenden Gegners den Aufmarsch zu einem allgemeinen Angriff
der Venezianer sehen zu müssen glaubt. Er zieht es daher vor, vor¬
sichtig wiederum zurückzugehen, was ihm bei der plötzlichen Auf¬
lösung des hinter ihm schon geschlossenen Kordons ohne Mühe
gelang.
Das war mit Jahresschluß das letzte größere Ereignis im Felde
vor Görz. Im feindlichen Lager brachten die letzten Dezembertage
noch einen Wechsel in den höheren Kommandostellen. Proveditore
General Priuli wird in die Lombardei abberufen und an seine Stelle
wird Antonio Lando mit seinem Stellvertreter, dem Vizeproveditore
General Nicolo Contarini, nach Palma abgeschickt.
Österreichische Reiteroffiziere werden zum Zweikampf gefordert. (3. Januar 1617.)
Das Jahr 1616 hatte in seinen letzten Tagen noch so manchen
peinlichen Mißerfolg den Venezianern gebracht; das Jahr 1617
wollten sie daher mit vollen Erfolgen beginnen lassen. Darum ver¬
mieden sie es, die in den ersten Tagen des neuen Jahres von Traut¬
mannsdorf am Isonzo wiederholt angebotenen Gefechte anzunehmen.
Nur um sich nach der Niederlage vor Lucinico persönlich zu rehabili¬
tieren, hatte Trevigiano dem Obersten Balthasar Marradas eine For-