Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

Die babylonische Hegemonie (638—1099) 
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scharenweise den das Mittelmeer unsicher machenden arabischen 
Piraten in die Hände fielen, um jeden Betrag loszukaufen. Schon 
die Erfüllung dieser Aufgaben allein machte die organisatorische 
Vereinigung sämtlicher Gemeinden im Nillande erforderlich. Die 
ersten Kalifen aus dem Fatimidenhause hinwiederum legten Wert 
darauf, daß die ägyptische Judenheit an ihrem Hofe in ähnlicher 
Weise offiziell vertreten war wie bei ihren Rivalen in Bagdad. 
Äußere und innere Ursachen führten so dazu, daß die Juden Ägyp 
tens ein Oberhaupt erhielten, dessen Stellung ungefähr der des baby 
lonischen Exilarchen entsprach. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts 
wurde es üblich, den ägyptischen Exilarchen den hebräischen Ehren 
titel »Nagid« (etwa soviel wie »der Großmächtige«) beizulegen. Die 
ersten Negidim waren Hofbankiers vom Schlage der Brüder Al-Tu- 
stari, oder Leibärzte des Kalifen. Leibarzt war auch der Nagid 
Meborach, der dreißig Jahre lang (1080—1110) am Hofe zu Kairo 
die jüdischen Interessen wahrnahm. 
Die geistige Führung des Volkes hatten indessen in Ägypten, wie 
ehedem in Babylonien, nicht die Negidim, sondern die Gelehrten 
inne, die die gaonäische Tradition weiterführten. Der erste in der 
Reihe dieser Volksführer war Schemaria ben Elchanan (970—1011), 
das Haupt der Jeschiba von Kairo-Fostat, ein Zögling der Akademie 
von Pumbadita, mit deren letzten Leitern Scherira und Hai er in 
ständiger Fühlung blieb. Als die Juden von Kairo ihrem Oberrabbi 
ner Schemaria das letzte Geleit gaben, kam es in der Stadt zu schwe 
ren antijüdischen Ausschreitungen, wohl eine Folge der vom Kalifen 
Al-Hakim heraufbeschworenen Verfolgungen. 
Unter dem Nachfolger Schemarias, seinem Sohne Elchanan (1012 
—1026), sollte die Akademie von Kairo besseren Zeiten entgegen 
geführt werden. Mittlerweile machte Palästina seinen Anspruch auf 
die nationale Hegemonie geltend, auf die es gleichsam ein Erbrecht 
zu besitzen glaubte. Unter der Leitung des hochgelehrten und tat 
kräftigen Salomo ben Jehuda ha Kohen (um 1025—1051), der den 
herrenlos gewordenen Titel »Gaon« annahm, trat in Jerusalem um 
die Mitte des 11. Jahrhunderts ein kleines Synhedrion in Wirksam 
keit, das einmal im Jahre, am Laubhüttenfest, vor dem auf dem öl 
berg versammelten Volke Entscheidungen von allnationaler Bedeu 
tung zu verlautbaren pflegte. Etwas später, ein Jahrzehnt nach dem 
Erlöschen des Exilarchats in Babylonien, erstand in Palästina auch 
das Patriarchat zu neuem Leben: der dem Exilarengeschlecht ange 
hörende Daniel ben Asarja wurde zum »Nassi« ausgerufen (1051—
	        
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