Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

S f 1 - Der Bruch des Christentums mit dem Judentum 
kein Ende nehmen wollte, beschloß der Hauptmann, der unterdessen 
erfahren hatte, daß Paulus das römische Bürgerrecht besitze, den 
Häftling dem Prokurator Felix in Caesarea zu überantworten. Dieser 
erkannte sogleich, daß der um Paulus entbrannte religiöse Streit für 
die römische Gewalt völlig belanglos sei; doch behielt er den jüdi 
schen Sektierer weiter in Gewahrsam in der Absicht, ein Lösegeld 
von ihm zu erpressen. Der »Apostel der Heiden« hatte aber beim 
Prokurator und bei dessen Gattin, der jüdischen Prinzessin Drusilla, 
ein tieferes Interesse wachgerufen, sodaß die beiden ihn eines Tages 
zu sich beriefen, um ihn über die von ihm gepredigte sonderbare 
Lehre auszufragen. 
Unter dem Amtsnachfolger des Felix, dem Prokurator Festus, 
traf Paulus auch mit dem nominellen König von Judäa, Agrippa II., 
und mit dessen Schwester Berenike zusammen. Als man ihn seinen 
hellenisierten Stammesgenossen, die in Caesarea als Gäste weilten, 
vorführte, gestand der Apostel freimütig, daß er sich zu dem ge 
kreuzigten und wieder auferstandenen Messias-Christus bekenne, der 
gesandt worden sei, um Heiden wie Juden zu erleuchten. Der Römer 
Festus, der das leidenschaftliche Bekenntnis mitangehört hatte, 
nannte Paulus einen Rasenden, während Agrippa ihn mit den spöt 
tischen Worten abtat: »Es fehlt nicht viel, du überredest mich, daß 
ich ein Christ würde.« Gleichwohl fanden Agrippa und Berenike, 
ebenso wie Festus, in der Agitation des Paulus nichts ungesetzliches, 
und er wäre in Freiheit gesetzt worden, wenn er nicht schon früher 
den Wunsch geäußert hätte, als »römischer Bürger« vor das Gericht 
des Kaisers gestellt zu werden. So aber sah sich Festus genötigt, den 
Apostel nach Rom bringen zu lassen (um 62). Dort stand Paulus 
zwei Jahre lang unter Aufsicht der römischen Behörden, was ihn 
jedoch nicht hinderte, mit den Juden- und Heidenchri$ten Roms 
ständig in Fühlung zu bleiben. An die »Römer« hatte Paulus schon 
einige Jahre früher die bedeutsamste seiner Episteln gerichtet. Nun 
setzten seine römischen Gesinnungsgenossen alle Hebel in Bewegung, 
um ihn vor den kaiserlichen Behörden zu rehabilitieren. Von seinem 
neuen Aufenthaltsort aus richtete der Apostel Hirtenbriefe an die 
Christengemeinden in Griechenland und Kleinasien. Dann aber ver 
liert sich seine Spur. Die Sage berichtet, er sei zur Verbreitung des 
Christentums aus Rom weiter gezogen und habe die »Schranke des 
Abendlandes«, Spanien, erreicht. Es ist aber auch möglich, daß er 
während der grausamen Christenverfolgung, die nach der berühmten
	        
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