§ 42. Die Weltdiaspora
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gleich die Männer seines Zeichens und sprach sie an, so daß er leicht
einen Broterwerb für sich und seine Familie zu finden vermochte«.
Den Höhepunkt des Sabbatgottesdienstes bildete die Vorlesung aus
der Heiligen Schrift und die darauf folgende sittliche Belehrung
oder Predigt. Daher kennzeichnet auch Philo die Synagogen als
»Schulen der Wissenschaft«. Die Sprache aber, in der man in diesen
Schulen betete und sich unterweisen ließ, war zumeist nicht mehr
die alte nationale Sprache, sondern die der Septuaginta, das Grie
chische. Wäre den Bekennern des Judaismus die Abneigung gegen
das Heidentum nicht sozusagen angeboren gewesen und hätten sie
in ihrer Selbstverwaltung nicht eine feste Schutzwehr gehabt, so hät
ten sie nach Preisgabe ihrer nationalen Sprache den Assimilations
einflüssen ihrer Umgebung wohl kaum widerstehen können.
Einen Ausläufer der sich immer weiter ausbreitenden jüdischen
Kolonie Ägyptens bildete das jüdische Zentrum in der angrenzenden
Kyrenaika, dem östlichen Teil der Provinz Lybien, mit den beiden
Hauptgemeinden in den Städten Kyrene und Berenike. Im I. Jahr
hundert vor der christl. Ära besaßen dort die Juden ihre eigenen
Archonten und Richter und stellten, wie Strabo berichtet, neben den
Bürgern, Ackerbauern und Fremden eine besondere Bevölkerungs
klasse dar. Auch in der Kyrenaika wurden die von der römischen Re
gierung begünstigten jüdischen Einwohner von der griechischen Be
völkerung angefeindet, so daß Kaiser Augustus ihre Autonomie und
namentlich ihr Recht, Spenden für den Jerusalemer Tempel zu sam
meln, durch ein besonderes Edikt bestätigen mußte.
Den gleichen Schutz, den die römische Regierung den Juden im
ehemaligen Ptolemäerreich angedeihen ließ, gewährte sie auch den
im einstigen Herrschaftsbereich der Seleuziden verstreuten jüdischen
Kolonien. Während unter diesen Königen die jüdischen Gemeinden
gegen die Willkür der griechischen Stadträte völlig machtlos ge
wesen waren, hatte ihr Kampf um Bürgerrecht und Autonomie unter
der römischen Herrschaft vielfach Erfolg. So wurden mehreren
Gemeinden in Kleinasien und auf den Inseln des Ägäischen Meeres
unter Julius Caesar verschiedene Freiheiten und Rechte zugesichert,
namentlich die von den Griechen bekämpfte Freiheit des Kultes.
Bezeichnend hierfür ist der folgende, etwa um das Jahr 46 ergangene
Erlaß: »Gajus Julius, Praetor und Konsul der Römer, an den Ma
gistrat, den Senat und das Volk von Paros. Die Juden haben ange
zeigt, daß ihr durch Verordnungen sie hindert, ihre althergebrachten
Gebräuche und ihren Gottesdienst zu vollziehen. Es hat mein Miß