Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

Das römische Protektorat (63 vor der christl. bis 6 der christl. Ära) 
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Durch seine Kulturpolitik hatte es Herodes erreicht, daß er bei 
der »großen Welt« im Rufe eines freigebigen und aufgeklärten 
Hellenenfreundes stand. Offiziell galt er als »verbündeter König 
und Freund des römischen Volkes«, d. i. als halb unabhängiger 
Vasall Roms. Seine Abhängigkeit äußerte sich darin, daß seine 
Nachfolger den Königstitel nur aus den Händen des römischen Im 
perators erhalten konnten, daß er ohne dessen Zustimmung weder 
Kriege führen noch Bündnisse eingehen durfte und im Kriegsfälle 
den Römern Hilfstruppen stellen mußte. Auf der anderen Seite 
besaß er aber seinen eigenen Untertanen gegenüber uneingeschränkte 
Steuerhoheit und es stand ihm frei, sein aus Thraziern, Germanen 
und Galliern bestehendes Söldnerheer im Innern des Landes nach 
Belieben zu verwenden. Sowohl Augustus als auch dessen Mitregent 
Markus Agrippa brachten Herodes, der wiederholt nach Rom kam, 
größtes Wohlwollen entgegen. Über die ihm nach der Schlacht bei 
Actium zugesprochenen Gebietsteile hinaus schenkte ihm der Kaiser 
einige Jahre später die transjordanischen Landschaften Trachonitis, 
Batanäa (Basan) und Auranitis (Hauran); den Bruder des Herodes, 
Pheroras, machte er zum Tetrarchen des mittleren und südlichen 
Teils von Transjördanien, der fortan Per'da hieß. Noch nie waren 
die Grenzen Judäas so weit gesteckt gewesen. Aber auch die jüdi 
schen Kolonien in den griechischen Städten Syriens und Kleinasiens 
ließ Herodes nicht außer Acht und erwirkte für sie bei Augustus 
verschiedene Freiheiten und Rechte. 
Bei alledem zeigte die Politik des Herodes das Doppelantlitz eines 
Janus: während er Rom untertänig zulächelte, hatte er für sein 
eigenes Volk nur böse und düstere Blicke. Wußte er doch nur zu 
gut, daß im ganzen Lande größte Unzufriedenheit herrschte. Die 
kostspieligen Neubauten und die vom König eingeführten Wettspiele 
verschlangen ungeheure Geldsummen, die der Bevölkerung in Form 
von Steuern abgepreßt wurden. Hinzu kam, daß die Gladiatoren 
kämpfe, bei denen Menschen zur Belustigung anderer Menschen 
wilden Tieren vorgeworfen wurden, dem sittlichen Empfinden des 
Volkes widersprachen, und die Begünstigung der heidnischen Kulte 
seine religiösen Gefühle verletzte. Eine offene Verhöhnung der reli 
giösen und nationalen Traditionen des Volkes bedeutete der Befehl 
des Herodes, am Haupteingang des Tempels einen riesigen goldenen 
Adler, das Sinnbild der römischen Kriegsmacht, anzubringen. 
Wohl am aufreizendsten aber wirkte das Verhalten des Königs, 
der sich rühmte, den Hellenen näher zu stehen als den Juden, zu
	        
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