Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

5 39. König Her ödes 1. (jy—4 vor der christl. Ära) 
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In Alexandra sah er ja schon längst die Erzfeindin seines Hauses; 
Mariamme aber, die er leidenschaftlich liebte, durfte selbst nach 
seinem Tode keinem anderen gehören. Nachdem er diese Verfügun 
gen getroffen hatte, begab sich Herodes nach Rhodus, dem dama 
ligen Aufenthaltsort des Octavianus (30). 
Die Befürchtungen des Tyrannen von Judäa sollten sich zu seiner 
eigenen Verwunderung als völlig grundlos erweisen. Als er vor dem 
Gebieter Roms demutsvoll sein königliches Diadem ablegte, setzte 
es ihm Octavianus wieder aufs Haupt und entließ ihn in Gnaden. 
Dem politischen Scharfblick des künftigen Kaisers war es wohl nicht 
entgangen, daß Herodes zu den zuverlässigsten, wenn auch nicht 
zu den uneigennützigsten Freunden und Verbündeten der Römer im 
Orient gehörte. Der König von Judäa hatte denn auch bald Gelegen 
heit, sich seinem neuen Herrn erkenntlich zu zeigen: er stellte dem 
mit seinen Legionen nach Ägypten ziehenden Octavianus unge 
heuere Geldsummen zur Verfügung und versorgte überdies das römi 
sche Heer mit allem Nötigen. Sein Diensteifer fand volle Aner 
kennung. Nach der Umwandlung des Ptolemäerreiches, das Kleo- 
patra und Antonius unter seinen Trümmern begraben hatte, in eine 
römische Provinz, gliederte Octavianus den Besitzungen seines 
treuen judäischen Gefolgsmannes mehrere halbgriechische Küsten 
städte (Jaffa, Gaza, Stratonsturm u. a.) sowie das Gebiet von Sa- 
maria an (Ende des Jahres 30). Die politische Stellung des Herodes 
war nun gesicherter denn je. Umso trostloser sah es in der unmittel 
baren Umgebung des Königs aus. 
Von seiner Reise nach Rhodus in freudigster Stimmung heim 
gekehrt, war Herodes von der jede Heuchelei verschmähenden Ma 
riamme mit unverhohlener Feindseligkeit empfangen worden. Welche 
Gefühle mußte sie für den Mann hegen, der nicht nur den Tod 
ihres Bruders und Großvaters verschuldet, sondern, wie ihr vom 
Obersten der Wache in Alexandrium verraten worden war, auch 
ihr selbst und ihrer Mutter das gleiche Los zugedacht hatte. In 
seiner Ehre getroffen, schwankte der König zwischen dem Verlan 
gen nach Rache und der Liebe zu seiner Frau. Als ihm nun von 
seiner Schwester Salome, der die stolze Hasmonäerin schon lange 
ein Dorn im Auge war, hinterbracht wurde, daß Mariamme ihm 
nach dem Leben trachte, stieg sein Grimm bis zur Raserei. Seiner 
selbst nicht mehr Herr, übergab er die noch immer heißgeliebte 
Gattin dem Gericht, vor dem er sie in eigener Person ungestüm der 
schändlichsten Verbrechen bezichtigte. Die dem König gefälligen
	        
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