Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

§ 36. Die Literatur in Judäa und der Diaspora 
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17 Dubnow I. 
aufgenommene griechische Übersetzung erhalten geblieben. Das einer 
ausgesprochenen religiösen Färbung ermangelnde und nach dem Nie 
dergang der Hasmonäerdynastie seiner ursprünglichen Bedeutung 
verlustig gegangene Werk blieb aus dem Bibelkanon ausgeschlossen 
und geriet unter die sogenannten »verborgenen Bücher« oder Apo 
kryphen (oben, §31). Aus diesem Grunde ging wohl auch sein 
hebräischer Urtext spurlos verloren. 
Auch in dieser Zeit tritt der Historiographie die historische 
Novelle zur Seite, die auf erdichtetem geschichtlichem Hintergrund 
das heldenmütige Eintreten Einzelner für Glaube und Volkstum dar 
stellt. Eine solche Novelle ist das kleine apokryphische »Buch 
Judith«, das sich gleichfalls nur in griechischer Übersetzung erhalten 
hat. Es wird darin erzählt, wie die keusche Judith, eine fromme 
und von Vaterlandsliebe beseelte: Jüdin, ihre von dem assyrischen 
Feldherrn Holofernes belagerte Heimatstadt errettet: sie schleicht 
sich in das feindliche Lager, wird in das Zelt des Holofernes geführt, 
bezaubert diesen durch ihre Schönheit und heuchelt Ihm Liebe; als 
Holofernes dann einschläft, schlägt sie ihm das Haupt ab. Durch 
den Tod des Holofernes entsteht unter den Belagernden Verwirrung 
und Entsetzen, und das verhilft den Juden zum Siege. Der didak 
tische Grundgedanke des von Anachronismen strotzenden Buches ist 
der, daß auch das mächtigste heidnische Heer gegen die geistige 
Macht des seinem Gesetze treu ergebenen jüdischen Volkes nichts 
auszurichten vermag. Durch Erinnerungen an die Heldentaten aus 
der Zeit des Hasmonäeraufstandes angeregt und wohl von einem 
Pharisäer der darauffolgenden Epoche verfaßt, klingt die Novelle 
in die triumphierenden Worte der Judith aus: »Wehe den Völkern, 
die sich erheben gegen mein Volk; der Herr, der Allmächtige, wird 
sie strafen am Tage des Gerichts« (16, 20). 
Wird in dem »Buche Judith« die nationale Heldentat verherr 
licht, so ist das Thema der demselben Apokryphenzyklus angehören 
den Novelle »Tobit« der Heldenmut auf dem Felde individueller 
Sittlichkeit. Es ist anzunehmen, daß auch dieses Buch ursprünglich 
hebräisch abgefaßt war, doch liegen uns lediglich verschiedene Über 
setzungen und Tochterübersetzungen vor. Die Handlung spielt in 
der Diaspora. Der vom assyrischen König nach Ninive gebrachte 
israelitische Gefangene Tobit vollbringt auch in der Fremde Werke 
der Frömmigkeit und Barmherzigkeit: er genießt nicht von der 
»Speise der Heiden«, teilt Brot und Kleidung mit seinen hungrigen 
und nackten Brüdern und trägt insbesondere Sorge für die Bestattung
	        
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