Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

Das babylonische Exil und die persische Herrschaft ($86—392) 
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nung auf die baldige nationale Wiedergeburt Judäas (Kap. 60—62). 
Die Zeit der Freiheit und des Friedens war noch nicht angebrochen. 
Der Anwärter auf den verwaisten Thron Davids, Serubabel, soll 
sich, wie ein späterer Bericht meldet, nach Vollendung des Tempel 
baues wieder nach Babylonien zurückgezogen haben. Es mag sein, 
daß er seiner Unabhängigkeitsbestrebungen wegen von den persischen 
Machthabern des Landes verwiesen worden ist. Möglich ist es aber 
auch, daß er dem innerjüdischen Parteistreit zum Opfer fiel. Die 
Oberhand in diesem Streit behielt jedenfalls infolge der damals im 
Volke vorherrschenden theokratischen Tendenzen die Priesterpartei, 
und zum Oberhaupt der Jerusalemer Gemeinde wurde nach dem 
Tode Josua ben Jozadoks dessen Sohn Jojakim. 
Die weitere Geschichte Judäas in der Regierungszeit des Darius 
und seines Nachfolgers Xerxes I. (485—465) ist in fast undurch 
dringliches Dunkel gehüllt. Über die Lage der Juden im Inneren 
Persiens in dieser geschichtlich so bedeutsamen Zeit der griechisch 
persischen Kriege gewährt uns lediglich das viel später entstandene 
»Buch Esther« (unten, § 22) einigen Aufschluß. 
21. Die zweite Restauration (500—420) 
Die Restauration, die von Serubabel und Josua inauguriert wor 
den war, bedeutete nur den ersten Schritt auf dem Wege zur natio 
nalen Wiedergeburt Judäas. Mit der Wiederherstellung des religiösen 
Zentrums in Jerusalem waren die dem neuen Gemeinwesen drohen 
den äußeren und inneren Gefahren noch keineswegs gebannt. Die 
Selbstverwaltung, die dank dem in Persien vorherrschenden Prinzip 
der Dezentralisation leicht hätte weiter ausgebaut werden können, 
drohte zu einer Oligarchie, zur Flerrschaft eines kleinen Kreises von 
vornehmen und reichen Familien mit dem Priesteradel an der Spitze 
zu erstarren. Wie in der vorexilischen Zeit, traten jetzt die sozialen 
Gegensätze erneut kraß zutage. Das kleine Häuflein der Vermögen 
den bedrückte die große Masse der Besitzlosen. Um die ihnen einer 
seits von den persischen Behörden, andererseits von der Priesterschaft 
auf erlegten Geld- und Naturalabgaben aufzubringen, sahen sich die 
Landleute, besonders in den Jahren der Mißernte, häufig genötigt, 
ihre Äcker, Weinberge und Häuser bei den Reichen zu verpfänden, 
die dann, die Notlage ihrer Schuldner ausnützend, deren Besitz an 
sich rissen.
	        
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