Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

§ ly. Niedergang Assyriens und Triumph der Prophetenpartei 
mit harten Strafreden beginnen. Dazu berufen, »dem ganzen Lande, 
den Königen Judas, seinen obersten Beamten, seinen Priestern und 
der Bevölkerung« als »eiserne Säule« entgegenzutreten, geißelte er 
das »Haus Jakobs« mit scharfen Worten: »So spricht Jahve: Was 
fanden eure Väter Unrechtes an mir, daß sie den nichtigen Götzen 
nachhingen und so der Nichtigkeit verfielen... Ihr verunreinigtet 
mein Land und machtet mein Besitztum zum Greuel. Die Priester 
sprachen nicht: Wo ist Jahve? Und die Hüter des Gesetzes kümmer 
ten sich nicht um mich, und die Propheten weissagten im Namen 
des Baal« (vgl. Jeremia i, io, 18; 2,4—8). Angesichts der veränder 
ten weltpolitischen Konstellation und unter dem überwältigenden 
Eindruck der Reden des Propheten bildete sich in Jerusalem eine auf 
Wiederherstellung des nationalen Regimes drängende Partei, deren 
Reformprogramm sich auch der junge König Josia zu eigen machte. 
Noch ehe jedoch der König die Durchführung dieses an die Bestre 
bungen seines Urgroßvaters Hiskia anknüpfenden Programms in 
Angriff nahm, fand sich eine eingehende schriftliche Anleitung für 
das geplante Reformwerk, gleichsam eine vollständige Verfassung, 
die nur noch der königlichen Sanktion harrte. 
Als im Jahre 621 auf königlichen Befehl mit der Reparatur der 
baufällig gewordenen Teile des Jerusalemer Tempels begonnen wurde, 
entdeckte man nämlich in einem der Tempelräume ein altes »Buch 
der Gesetzeslehre«, dessen Vorschriften und Lehren jedoch vom 
Geiste der neuen Prophetenschule erfüllt waren. Dies ist wohl so zu 
erklären, daß die Propheten und deren Gesinnungsgenossen unter 
der Priesterschaft, vielleicht gerade während der Reaktion unter 
Manasse, das lange Zeit hindurch von den gesetzeskundigen Tempel 
dienern verwahrte Werk einer durchgreifenden Umarbeitung unter 
zogen hatten. Die Reformbestrebungen Josias boten nun eine gün 
stige Gelegenheit, das kostbare Werk aus dem Archiv hervorzuholen 
und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zu allererst wurde es 
dem König selbst vorgelesen, auf den das nach Form und Inhalt 
völlig einzigartige Werk einen überwältigenden Eindruck machte. 
Das angeblich neu entdeckte Buch war in Form einer Sammlung 
von Moses in den Mund gelegten Reden abgefaßt, gleichsam ein 
Vermächtnis des großen Meisters, in dem die Israeliten ermahnt 
wurden, ihr Leben im Gelobten Lande den Gesetzen Jahves gemäß 
zu gestalten und die Sitten der umgebenden Völker abzulehnen. Dies 
bildete den historischen Rahmen für einen religiösen Kodex, in dem 
auf die sittliche und nationale Bedeutung der einzelnen Gesetzesvor-
	        
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