Volltext: Stephan Rottaler

Abb. 41. Reliefbüsten christlicher Helden in der Sammlung des historischen Vereins in Landshut 
Die Landshuter 'Reliefs von 1524 erscheinen erheblich fortgeschrittener als 
die des Reisbacher Altars. Dennoch möchte ich keine erhebliche Differenz in 
der Entstehungszeit annehmen. Man muß sich klar darüber sein, daß das Vor¬ 
bild des Reisbacher Engelsturzes, das altertümlichste Blatt der Apokalypse, bei¬ 
läufig schon zwanzig Jahre alt war, als es der Meister verwertete, und daß 
er das Gegenstück dazu dem Gegebenen nach Möglichkeit anpassen mußte. In 
den beiden anderen Reliefs, wo ihn keine Fesseln hemmen, ist er neuzeitlicher 
und freier. Man vergleiche nur das Raumempfinden; oben die Ausfüllung des 
ganzen Rahmens, die Ausdehnung des Bilderstoffes in aller Breite, unbekümmert 
um die Stellung des Vorgangs zur Landschaft, kurzum der Flächencharakter eines 
Wandteppichs; unten aber das entschiedene Streben, die Figuren mit der ört¬ 
lichen Umgebung und räumlichen Vertiefung in Einklang zu bringen. Hierin 
stehen diese Reliefs den Landshuter Arbeiten sehr nahe, und ich ziehe aus der 
Summe aller Stilähnlichkeiten und Erwägungen äußerer Natur den Schluß, daß 
auch die Vesperstuhl-Reliefs kein anderer Meister als S.R. geschnitten haben kann. 
Vollkommen im Stile der Vesperstuhl-Reliefs gehalten ist ein kleines Hochrelief 
des Todes Mariä, das jetzt einem neuen steinernen Seitenaltar der Pfarrkirche 
in Kelheim als Predellenschmuck dient1 (Abb. 42). Verbirgt auch die jetzige Fas¬ 
sung die alte Feinheit des Originals, so sprechen immerhin noch genügend Merk¬ 
male für die gleiche Hand. Johannes, der Maria die Sterbekerze reicht und der 
Apostel mit dem Rauchfaß entsprechen in den fliegenden Haaren durchaus dem 
Engel auf der Taufe Christi, ebenso der Mann mit dem Weihbrunn ganz dem christ¬ 
lichen Helden mit dem stachlichten Bart. Dabei stimmen die Maße des Reliefs 
und die Größenverhältnisse der Figuren mit den Landshuter Schnitzwerken sosehr 
überein, daß die Vermutung berechtigt erscheint, daß der Tod Mariä ursprüng¬ 
lich zu den Marienreliefs des Vesperstuhles gehört hat. 
1 Gütigen Hinweis auf dieses Werk verdanke ich Herrn Bibliothekar Dr. Richard Hoffmann.
	        
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