Volltext: Stephan Rottaler

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Ritters und eines Gelehrten scheinen spätere Zutaten gewesen zu sein, sie fehlen 
bei der jüngeren Zeichnung. Diese macht, obwohl noch wesentlich dilettantischer, 
in manchen Einzelheiten den Eindruck sorgfältigerer Treue. Nach ihr hätten die 
Säulen rechts und links der Nische ganz und gar jenen an der Korbiniansnische 
des Marolt-Altars, und an den Epitaphien der Kanoniker Kalbsor und Schaffmanns- 
perger geglichen. 
Wie künstlerisch minderwertig die beiden Zeichnungen auch sein mögen, so 
vermitteln sie uns doch einen ungefähren Eindruck von der ehedem imposanten 
Wirkung des Steines. Unserer Einbildungskraft aber kommen auch noch zwei 
Werke des Meisters S.R. zu Hilfe, die bis auf den heutigen Tag ihre reiche 
architektonische Pracht wenigstens zum größten Teil bewahrt haben. Es sind die 
Denkmäler zweier Ritter in den Pfarrkirchen zu Arnstorf (Bezirksamt Eggenfelden) 
und zu Gerzen (Bezirksamt Vilsbiburg) in Niederbayern. Das erste, einem Hans 
von Klosen, gest. 1527, errichtet, entwickelt sich zu einer Höhe von 3,5 m 
(Abb. 22 und 23). In einer flachen Nische, die von einer kräftig gegliederten Früh¬ 
renaissance-Architektur umrahmt wird, steht der Ritter mit geöffnetem Visier. 
Sein Banner entfaltet sich hinter ihm in breiter Bahn. Die Nische wird von einem 
Aufbau bekrönt, der die bandartige Inschrift umschließt und in eine Muschel mit 
seitlichen Voluten endigt. In dieser Höheneinteilung blieb das Denkmal unversehrt, 
dagegen ist die flankierende Architektur nicht mehr intakt erhalten. Der Entstehungs¬ 
zeit des Werkes gehören die beiden eigenartigen Stützen und die zwei Voluten mit 
Rosetten am Unterbau an. Besonderer Beachtung wert erscheint es, daß diese Teile 
wie die Flügel des Marolt-Altars im Gegensatz zum übrigen in Sandstein gemeißelt 
und durch Anstrich zum Ton des roten Marmors gestimmt sind. Ob diese Bauglieder 
ursprünglich die jetzige Anordnung zum Mittelteil hatten, erscheint mehr als fraglich. 
Das 18. Jahrhundert nahm sich der Wiederherstellung des Werkes an, ergänzte in 
seiner Stilweise nicht gerade ungeschickt die fehlenden Seitenteile der oberen 
Partien, fügte — vermutlich auf Grund älterer Reste — den Kruzifixus mit Maria und 
Johannes hinzu, ähnlich wie es auch die Zeichnung vom Stein des Paulus Lang 
von Wellenburg zeigt, und setzte aus den Resten der alten Umrahmung den un¬ 
teren Teil, so gut es eben ging, zusammen. Eine Darlegung aller Einzelbeweise 
für die Zuweisung des Werkes an S.R. erscheint überflüssig; sie ergeben sich 
dem prüfenden Auge ohne weiteres. Immerhin sei die Aufmerksamkeit wieder 
auf die kleine Tafel zwischen den Füßen des Ritters und auf die Freude des 
Meisters an den Putten gelenkt. 
Der Stein in der Pfarrkirche zu Gerzen, ungefähr ebenso groß, wenn auch 
nicht so reich, wie das Klosensche Denkmal, übertrifft dieses an künstlerischem 
Gehalt (Abb. 24 und 25). In einer Nische mit Frührenaissancesäulen kniet 
Alexander Leberskircher von L.ichtenhag, gest. 1521, nach links gewendet in einem 
mit Schnitzwerk und einem kleinen Wappen1 gezierten Betschemel. Er trägt 
den Maximiliansharnisch, aus dem Visier schaut ein mildes, fromm gläubiges 
Gesicht. Im rechten Arm ruht die Lanzenstange, durch die Hände rollen die 
1 Das Wappenschildchen, ursprünglich in Bronze gegossen, wurde in den achtziger Jahren des 
19. Jahrhunderts entfernt und durch einen Gipsabguß ersetzt.
	        
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