Volltext: Stephan Rottaler

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gesprochen zu werden; vielmehr erblicke ich darin nur einen ersten Versuch 
eines Aufbaues, dessen Mängel ich mir sehr wohl bewußt bin. Wenn ich ihn 
nichtsdestoweniger wagte, so bestimmte mich hierzu das Hauptthema der Ab¬ 
handlung selbst, das eines Hintergrundes und Rahmens bedurfte. 
Im örtlichen, vor allem aber im künstlerischen und kunstgeschichtlichen Mittel¬ 
punkt des Gebietes und unserer Untersuchung steht die alte niederbayerische 
Herzogsstadt Landshut. Das festlich heitere Jahrhundert der drei „reichen Her¬ 
zoge“ war verrauscht, die Stadt war an Reichtum und Wohlstand mächtig ge¬ 
wachsen, des Volkes Kraft und gläubige Gesinnung hatten sich an prächtigen 
Kirchenbauten erprobt. Wie zum Wettkampf mit dem hohen Fürstensitz der 
Trausnitz hatte es im Herzen der Stadt den Martinsturm als stolzes Wahrzeichen 
gegen den Himmel getürmt. Da starb Herzog Georg der Reiche (1503), der 
Krieg um die Erbfolge entbrannte. Was half es, daß Georgs Tochter Elisabeth, 
die männlich starke, unerschrockene Gemahlin Ruprechts von der Pfalz in Ab¬ 
wesenheit ihres geächteten Mannes mit ihren Truppen die Stadt besetzte und die 
Regenten vertrieb! Was half Ruprechts tapfere Haltung im Treffen vor den 
Mauern der Stadt bei Altdorf und Seligental, das dem auf Seiten der Bayern 
kämpfenden Götz von Berlichingen die rechte Hand kostete! Ruprecht starb kurz 
darauf und die mutige Pfalzgräfin folgte ihm in Monatsfrist in die Gruft nach, 
den kaum zweijährigen Ott Heinrich zurücklassend. Der Kampf tobte weiter, 
das Glück neigte sich mehr und mehr Herzog Albrecht von Bayern-München zu. 
Mit Maximilian verbündet schlug er die Pfälzer und Böhmen bei Regensburg, das starke 
Kufstein fiel und mit ihm der Kopf seines heldenmütigen pfalzgetreuen Verteidigers, 
des Ritters Hans von Pienzenau. Unterdessen durchzogen die pfälzischen Haupt¬ 
leute Niederbayern mit Raub und Brand, ohne Aussicht auf Erfolg. Und als 
der Frieden heraufzudämmern begann, war das schöne Erbe der reichen Herzoge 
zerstückt und zerfetzt, und mit der Einführung der Primogeniturordnung vom 
8. Juli 1506, die die Vereinigung Ober- und Niederbayerns in sich schloß, ging 
Landshut des Charakters und der Vorzüge einer ständigen Residenz verlustig. 
Trüb schien die Zukunft der Stadt. Da verlegte Herzog Ludwig X. gemäß dem 
Rattenberger Vertrage von 1514 seine Hofhaltung am 15. Mai 1515 wieder nach Lands¬ 
hut. Die Kunst, die ehedem vorzugsweise ihre Wurzeln in den Boden einer 
reichen kraftvollen Bürgerschaft geschlagen hatte, sonnte sich nun in der landes¬ 
fürstlichen Gunst, ohne deshalb ausschließlich dem Hofe zu dienen. 
Mit den beiden ersten Jahrzehnten der Regierung Ludwigs setzte sich lang¬ 
sam die beginnende Renaissance durch, die für Landshut in dem 1537 begonnenen 
„Neubau“ der Residenz mit ihrem Reichtum an Wand- und Deckenbildern ihren 
prächtigsten Ausdruck erlangte. Italiener und Deutsche liehen dem werdenden 
Werke ihre Kunst. Aber schon geraume Zeit, bevor der Bau des neuen Her¬ 
zogssitzes begonnen wurde, begegnen wir in Landshut einer Reihe von Künstlern, 
Bildhauern und Malern, die als Träger der Stilwandlung in ihrem Schaffen neue 
Gesinnungen verkündeten und in dem Lande verbreiteten. Zu ihnen zählt wohl 
als der bedeutendste der Meister, dem diese Abhandlung sich widmet. 
Lassen wir zunächst seine Werke sprechen!
	        
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