Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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des 16. Jahrhunderts immer auch die Frage vorkommt, ob und was 
der Schulmeister mit seinen Buben agiere.1) 
Schmidt betont in seiner schönen Arbeit über die Bühnen¬ 
verhältnisse des 16. Jahrhunderts mit Recht, daß die massenhaften 
dramatischen Erzeugnisse der Schulmeister zunächst mehr für 
deklamatorischen Vortrag berechnet gewesen seien und deshalb kein 
Aufgehen des Darstellers in seiner Rolle, kein Hineinschlüpfen in 
deren Charakter verlangt hätten. Wenn er sich aber daraus einiger¬ 
maßen die moralische Weitherzigkeit dieser alten Schulmänner erklärt, 
so denkt er meines Erachtens zu optimistisch. Die Schüler nahmen 
doch Schaden. Ich glaube ferner, daß zu den auf der Schulkomödie 
fußenden volksmäßigen Stücken, die uns im 16. Jahrhundert begegnen, 
vielfach skrupellos Schüler verwendet wurden. 
Feiner, pädagogischer empfindende Schulmeister, die sich für 
delikatere Themen lieber Gevatter Schneider und Handschuhmacher 
abrichteten, mag es ja immerhin gegeben haben. 
Daß es in vielen Fällen nicht pädagogische Gründe waren, 
welche die Lehrer zur Aufführung von Komödien veranlaßten, zeigen 
uns die vielen Nachrichten von Gelegenheitsstücken. 
Da spielt z. B. in VöcMamarht ein Schulmeister, weil beim 
Pastor Kindstaufe ist,* 2) oder der Kantor Christoph Nudnig von Fnns 
will sich beim schönen Geschlechte einschmeicheln, indem er in 
einer Faschingskomödie darstellt, wie ein Graf die Tochter eines 
Hirten heiratet und diese das Muster keuscher ehelicher Liebe, 
vollendeter Geduld und Unterwürfigkeit ist. Damit die Damen von 
Enns das Stück besser verstünden, schreibt er an den Stiftspropst 
Sigismund (1553—1572) in St. Florian, wende er teilweise die 
deutsche Sprache an. 
Was das Repertoire der eigentlichen Schulbühne anlangt, so 
muß es auffallen, daß wir fast gar keine Nachrichten darüber be¬ 
sitzen. Nicht einmal einen Anhaltspunkt haben wir, ob auch bei 
uns Terenz und Plautus in dieser Zeit die Grundlage des Schul¬ 
repertoires gebildet haben. Mir will es scheinen, daß in unserem 
Lande, wenn wir etwa von der im Sinne Sturms geleiteten Land¬ 
schaftsschule absehen, die deutsche Komödie eine größere Rolle als 
im Reiche gespielt habe. 
*) Leonhard Freisieben (Eleutherobios), einer der ersten und wärmsten 
Anhänger Luthers, der auch ein Spiel von der Weisheit und Narrheit verfaßte, 
war um 1524 Schulmeister in Linz. 
2) F. Scheibeiberger, Beiträge zur Geschichte des Marktes und der Pfarre 
Yöcklamarld. Linzer Mus.-Jahresber. 1866, p. 161 f. 
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