Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

18 
Schatz nicht ohne Besorgnis darreicht, und zuletzt folgt munterer 
Hirtenreigen um die Krippe; so im Raaber Spiel, im St. Oswalder 
Spiel, im Hirtenspiele aus dem Salzkammergute u. a.1) In der 
Sakristei von Garsten fand sich noch um die Mitte des 19. Jahr¬ 
hunderts ein Christkind im Körbchen, das sicherlich einst in der 
geschilderten Weise der Andacht gedient hat.2) 
Von den Weihnachtspielen, die unser verdienter Pailler im 
ganzen Lande gesammelt hat, weisen manche eine alte Überlieferung 
auf und sogar das Kampfspiel von Winter und Sommer hat sich als 
ehrwürdiger Überrest uralter Mittwinterfeier in vergilbten Hand¬ 
schriften besonders im Inn viertel aus grauen Tagen auf unsere Zeit 
vererbt.3) 
Gewöhnlich wurden diese Spiele in irgendeiner „großen Stube“ 
auf einem eigens hiezu hergerichteten Podium aufgeführt. Hie Hirten¬ 
spiele bedurften keiner Bühne, keines eigenen Kostüms, höchstens 
der Engel hatte ein weißes Kleidchen an. 
Tragen diese Volksspiele durchwegs einen schlichten und 
gemütlichen Charakter, weil sie eben im Volke wurzeln, so fehlte es 
auch nicht an Schauspielen für das Volk, die aus fremden Zonen 
gekommen waren und deshalb die Herzen vielleicht zu erschüttern, 
aber nicht dauernd zu fesseln vermochten. Da führten z. B. die 
Dominikaner in Steyr öfter Totentänze auf. Kloster und Kirche 
hatten sie übet ein halbes Jahrhundert den Protestanten lassen 
müssen; um so eifriger arbeiteten sie seit ihrer Rückkehr. 
Ein alter Chronist von Steyr, namens Zetl, berichtet uns nun, 
die Dominikaner hätten am 14. November 1628 ein Stück von einem 
König und seinen drei Söhnen „sambt einem Todten Tanz“ gespielt.4) 
Totentanz nennt man die künstlerische Darstellung der Idee 
vom Tanze des Todes mit den Lebenden, wie sie uns in der Literatur, 
der Malerei und der Plastik des Mittelalters entgegentritt. 
x) Veröffentlicht in den Krippenspielen aus Ober Österreich und Tirol 
(Innsbruck 1883) von W. Pailler, dem wohl kaum ein Überrest dieser Gattung 
entgangen ist. 
2) W. Pailler a. a. 0., p. 4. 
3) Die Abschrift eines alten Sommer- und Winterspiels aus der Braunauer 
Gegend verdanke ich meinem Schüler K. Neumayer, ein ähnliches Stück aus 
Ostermieting erwähnen Nagl-Zeidler in der Deutschösterreichischen Literatur¬ 
geschichte, p. 730. Ich selbst war 1898 als Kooperator in Zell an der Pram Zeuge 
einer Aufführung dieses Spieles in der Gaststube des Wirtes A. Kienbauer. Die 
Spieler waren von Bayern herübergekommen. 
4) J. Zetls Chronik der Stadt Steyr (Ed. L. Edlbacher, Linzer Museal - 
Jahresber. 1878, p. 101).
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.