Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Und in neuester Zeit begegnet der Versuch, die Kinderwelt 
wieder auf die Bühne zu zerren, glücklicherweise gleichfalls dem 
Widerspruche beachtenswerter Stimmen.1) 
Weniger Gefahr lag und liegt anscheinend in Stücken, in 
denen Kinder nicht mehr in den Rollen Erwachsener auftraten, 
sondern nur das Kinderleben darzustellen hatten. 
Etwas Ähnliches hatten ja schon die Protestanten des 16. Jahr¬ 
hunderts mit ihren Komödien vom Schulleben versucht, allerdings 
mit wenig pädagogischem Takt. 
Aber was das Zeitalter Luthers und der Streit- und Teufels¬ 
literatur durch Derbheit fehlte, das versündigte sich das 18. Jahr¬ 
hundert durch rührseliges Pathos. 
Der dankbare Sohn, die doppelte Kindesliebe, der wahre Vater 
oder die Früchte der guten Kinderzucht, die gar zu strenge Kinder¬ 
zucht, der lateinische Schulmeister waren durchaus beliebte Sujets, 
auch auf Stiftstheatern. Was sich die Kinder bei diesen öden Morali- 
sationen gedacht haben mögen, ist nicht recht abzusehen. 
Daß derlei Stücke von einsichtigen Männern schon damals 
mißbilligt wurden, zeigt die lakonische Bemerkung des Krems- 
münsterers P. P. Doberschütz zur Aufführung der „Buona figliola“: 
animos effeminavit, gut deutsch: weibisches Zeug! 
Trotzdem blieben Kinderschauspiele lange Zeit ein beliebtes 
Sonntagsvergnügen für alt und jung, für Stadt und Land. 
x) Kinderopern, wie noch jüngst Körte im Märchen von der „Prinzessin 
und dem Schweinehirt“ (Berlin, Ries und Erler) eine geboten hat, hält z. B. Karl 
Storch, im Türmer-Jahrbuch 1904, p. 191, für ungesunde Treibhauspflanzen. 
Sie können nur altklug machen und man will doch gerade kindlich sein.
	        
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