Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Zeiten hier leicht fortspülen, was in Tirols Felsennestern sicher 
geborgen war. 
Aber es verbürgen uns auch Nachrichten aus dem 16. Jahr¬ 
hundert und Spieltexte aus noch späterer Zeit die Tatsache der 
Verbreitung des geistlichen Volksschauspieles in Oberösterreich am 
Ausgange des Mittelalters. 
Als Luthers Geist im Lande herrschend geworden war, dachte 
niemand mehr an eine Aufführung der alten Festspiele, welche außer 
einer ruhigen und freudigen Stimmung auch große Opfer an Zeit 
und Geldmitteln erheischten. Wo der Bildersturm wütet, da räumt 
der Fanatismus mit der Blüte der bildenden Kunst auch jene der 
alten Dramatik hinweg. Und auch in den Klöstern schwindet in 
dieser Zeit der Sinn für die alten Mysterien. Man interessiert sich 
für Fastnachtpossen1) und Bauernspiele,* 2) in denen sich die derbe 
Art des vergröberten Neidhartspieles3) fortsetzt, und ein Mondseer 
Mönch schreibt sich gar das Rumpolt-Maretli-Spiel, ein Fastnacht¬ 
stück voll Zoten, fein säuberlich in seinen Sammelkodex.4) Freilich 
kopiert sich zur gleichen Zeit in seiner Zelle zu Lambach der Schwabe 
A) In einer Rechnung des Stiftes Kremsmünster vom Jahre 1561 heißt es: 
„Item der duchmacher ain Fastnachtspiel gehalten, geben 1 Th aller.“ 
Th. Hagn, Das Wirken der Benediktinerabtei Kremsmünster für Wissen¬ 
schaft, Kunst und Jugendbildung. Linz 1848, p. 195. 
2) In einer Rechnung des Stiftes Kremsmünster werden einmal zwei Bauern¬ 
spiele erwähnt, welche die Astanten aufgeführt haben. (A. Altinger, Geschichte 
des Gymnasiums zu Kremsmüuster. Kremsm. Gymn.-Progr. 1902, p. 31.) 
Auf ein Bauernspiel scheinen auch die im Texte nicht selten frivolen 
Liedermelodien einer Missa 5 vocum super „Der Bauer im Mosertal“ von Jakob 
Regnardt (1552—1611) zu weisen, die sich handschriftlich im Musikarchive dieses 
Stiftes findet. {G. Huemer, Die Pflege der Musik im Stifte Kremsmünster. 
Wels 1877, P> 19 Anm.) 
3) Der Kod. XXXII c/261 s. XV. in der Stiftsbibliotbek von St. Paul 
enthält ein Neidhartspiel, das nach A. Schönbach (Zs. f. d. A. 40 [1896], p. 368—370) 
um 1350 in Obersteiermark entstanden sein mag. 
Da manche Hss. von den Mönchen aus St. Blasien bei ihrem Auszuge 
aus dem Stifte Spital a. P. nach St. Paul mitgenommen wurden, ist es nicht 
ausgeschlossen, daß das Stück Oberösterreich zuzuweisen ist. 
*) Kod. 3027 (Lun. 8°. 89) s. XV. et XVI., f. 283'—297a, der Wiener 
Hofbibliothek. Ed. Keller, Stuttg. lit. Ver. Bd. 46, p. 246—264. 
Nach Hoff mann von Fallersleben, Verzeichnis der altdeutschen Hss. der 
k. k. Hofbibliothek zu Wien. Leipzig 1841, p. 183 ff., ist die Schrift aus dem Ende 
des 15. Jahrhunderts; Zwierzina, Drei Lieder aus Wiener Hss. in der Zs. f. d. 
A. 41 (1896), p. 65 ff, setzt das Spiel in den Anfang des 16. Jahrhunderts, etwa 
1514—1524. Dieser Ansatz scheint A. Kaiser, Die Fastnachtspiele von der actio 
de sponsu. Diss. Göttingen 1898, p. 6, reichlich spät zu sein.
	        
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