Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Gesetzen, sondern nur das Verbrechen, das der Polizei und dem 
Zuchthause verfallt.“1) 
Ganz im Stile Ifflands sind die Stücke gehalten, die in dieser 
Zeit von den einheimischen Autoren in die Welt gesetzt werden. 
Wie viele Tränen mögen wohl bei der Aufführung des Stückes 
geflossen sein, das da betitelt war: „Pflicht und Leidenschaft 
im Kampfe“ oder „Der weibliche Timon!“ 
Dieses bürgerliche Schauspiel in fünf Aufzügen* 2) stammte von 
dem Stabsauditor Benedikt Joseph Koller in Linz. Seine Schwester ließ 
es nach seinem Tode drucken und mit folgender Vorrede versehen: 
Indem ich dieses Schauspiel dem Drucke übergebe, ist der Verfasser 
desselben, mein Bruder, nicht mehr; er sah auch den Beifall nicht, mit dem 
es bei der ersten Vorstellung auf dem hiesigen landschaftlichen Theater beehrt 
wurde. Ich weine nun verlassen an seiner Urne und sehe mit banger Ahndung 
einer öden Zukunft entgegen. Nehmen Sie daher, edle und biedere Bewohner 
von Linz, dieses Schauspiel aus den Händen einer Schwester, die es Ihnen als 
das einzige Vermächtnis seiner Bruderliebe übergibt. Er würde vielleicht noch 
manches daran geändert haben, was der Kritik unterliegt: allein dieses über¬ 
sehen wohl Freunde, unter denen er wandelte. — Es war ja seine größte 
Wonne, — Fehler und sogar Verbrechen seiner Mitmenschen zu mildern, und 
wenn er gesetzlich handeln mußte, mit inniger Wehmut zu bestrafen. 
Die Rührseligkeit gehörte überhaupt im 18. Jahrhundert zum 
Kulturinventar und in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts 
„arbeitete“ die Bühne noch mit solchen Effekten. 
Immermann z. B. konnte sich der Tränen nicht erwehren, als 
er in Linz der Aufführung von Kotzebues Stück „Die Unver¬ 
mählte“ (1808 gedr.) beiwohnte.3) 
Eine weitere Eigentümlichkeit jener Zeit war das Buhlen der 
Schauspieler um die Gunst des Publikums. Als ein Beispiel des 
Tones, der da gegenüber den Herren der Bühne und den Zuschauern 
angeschlagen wurde, will ich den Dank des Schauspielers Braun 
anläßlich seines Benefiz-Abendes zum Abdruck bringen.4) 
Brauns Dank rede 
bey seiner Einnahme in Linz den 30. Jänner 1796. 
Wenn selbst Apoll mit seiner goldnen Leyer 
Ein Lied, das dem Gehirn Homers entsprang 
Und wonnevoll in alle Herzen drang, 
Mit Götterkunst, Gefühl und hohem Feuer 
Begleiten wollte; 
x) G. Witkowski, Das deutsche Drama des 19. Jahrh., p. 3. 
2) Linz, Trattner, 1797. 
3) Prölß a. a. 0., p. 189. 
4) Er findet sich in Keimmeis Theateralmanach. 
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