Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Ratio der Jesuiten, aber sie setzt vorsichtig hinzu: aut si forte necesse 
sit, non nisi decorus et gravis introducatur in scenam. Mit diesem 
„aut si forte“ hatte man eine bequeme Hintertüre. Und so begegnen 
wir in der Praxis auch auf den Ordenstheatern genug weiblichen 
Rollen, von Studenten dargestellt. Und wo es kein Gymnasium gab, 
und das war doch bei den meisten Stiften der Fall, mußte man in 
den sauren Apfel beißen und ehrsame Jungfrauen agieren lassen. 
Das war in Lambach zu Lindemayrs Zeit Sitte; ja damals fand man 
es durchaus nicht anstößig, daß Damen in Männerrollen auftraten. 
So spielte z. B. im Jahre 1775 die Jungfrau Maria Anna Lang- 
thaller in Lindemayrs „Chamäleon des Herrn Rabener“ 
den Varius. 
Es ist gerade kein feiner Ton, der in Lindemayers Sachen 
anklingt, aber seiner Zeit gefiel er -— und niemand kann aus seiner 
Haut heraus. 
Dafür hat er das unbestreitbare Verdienst, die Stiftsbühnen 
von all den lateinischen Schablonendramen befreit zu haben, die 
bislang zum guten geistlichen Tone gehört hatten. Wenn die Dauphine 
von Frankreich zu Lindemayrs Versen lachen mochte, warum sollten 
es nicht auch andere Leute? Durch diesen zufälligen äußeren Erfolg 
also bat Lindemayr die bodenständige Komik aus ihrer Aschen¬ 
brödelstellung befreit. 
Früher hatte man beim ernsten Actus nur in den Zwischen¬ 
spielen lachen dürfen, jetzt Ij^tte sich der deutsche Humor als 
Selbstzweck durchgerungen. 
Was der Lambacher Benediktiner mit Glück inauguriert 
hatte, das setzten in Garsten ein P. Robert Plank, in St. Florian 
F. Aumann und Fixlmillner (1721 —1791), die beiden Volks¬ 
dichter G. Gugeneder und L. Koplhuber (1763—1826) in Krems- 
münster fort. 
Tm „Budlhaubenteufel“ und in den Lustspielen „Der 
Mair in Faistenbühel“ und „Die Hühnersteige“ lebt der 
P. Maurus. 
Mit dem Jahre 1786, in welchem das Armeninstitut auch auf 
dem Lande allenthalben eingeführt wurde, hörten auch die Bühnen 
in Stiften mit Gymnasium auf, ausschließlich akademischer Boden 
zu sein. 
*) So z. B. dramatisierte er die 41. Weissagung im zweiten Buche des 
Märchens vom 1. April unter dem Titel „Das Chamäleon des Herrn Rabener“. 
Es ist eine Satire auf die Unbeständigkeit. 
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