Ofron der größten Erschütterung der Seele kann ich nicht
reden. Ich habe selbst keine Schlacht gesehen. Es muß
etwas Furchtbares sein, was die Seele erlebt beim ersten
Stich auf den Feindesleib. Schießen trägt noch unpersön-
lichere Art an sich. Die Kugel trägt in die Ferne. Der
Gegner erscheint wie die Scheibe. Man sieht seine Miene
nicht und nicht seine Augen. Aber das, was auch den
Feinden nach allen Erzählungen den höchsten Schrecken ein-
jagt, das Kommando: „Pflanzt das Seitengewehr auf!",
das erst bringt das Entsetzliche. Der Mensch des 20.Jahr¬
hunderts sticht den anderen Menschen nieder. Das Geschick
ist gnädig: man vergißt sich im Gemenge, man verliert sich
selbst, man hat genug zu tun, sich der eigenen Kaut zu
wehren. Aber wenn so blitzschnell der Gedanke durch das
Kerz hindurchfährt, welche „Arbeit" man verrichtet, so er-
schrickt man in die Tiefen. Der Schrecken, den Granaten
und Schrapnells und selbst die „Brummer" verbreiten, ist
ein anderer, nervöser und körperlicher Art, als der, wenn
man Zeit hat, sich die Blutarbeit im einzelnen zu ver-
gegenwärtigen und sich selbst mitten drin zu entdecken.
Sicherlich hilft die Wut des Augenblicks über manches
hinweg. Es ist auch jetzt nicht die Zeit, zu philosophieren
über etwas, was jeglicher Philosophie spottet. Trotzdem
bleibt die unvergleichlich harte Tatsache, daß man vieles
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