Volltext: XIV. Jahresbericht des öffentlichen Mädchen-Lyzeums in Linz 1903 (14. 1903)

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art öas Schulbuch eine Reihe von Vorstellungen und der Begriff von der 
rastlosen Tätigkeit des Menschen, von dem Fortschreiten des Geistes selbst im 
kleinsten und Gewöhnlichsten. 
III. Has Nrchiv. 
Schon im vorhergehenden Abschnitte wurde darauf hingewiesen, wie 
manche technische Ausdrücke (Papyrus, Rodex, Foliant, Pergament ic.) im 
literaturgeschichtlichen Unterricht aufstoßen und daher notwendig eine kurze 
Erklärung finden müssen, wenn sie nicht totes Material sein sollen. Für 
manches mag die Erklärung oder ein Bild hinreichen, für vieles wird weder 
der Lehrer selbst, noch die Schulsammlung ein Anschauungsmittel besitzen. 
Wenn im literaturgeschichtlichen Unterrichte das Schrifttum des frühen 
Mittelalters behandelt wird, so muß von Handschriften gesprochen werden; 
zeigt man eine solche vor, so drängen sich die Begriffe „Initiale" oder 
„Miniatur" auf; wir sprechen von Inkunabeln, alten Drucken. Wie inter- 
essant wäre es, bei bedeutenden Dichtern Porträts, Autographen, Lebens- 
dokumente ic. vorzeigen zu können! Viele Literaturgeschichten enthalten solche 
Dinge in Abdruck; aber dieser vermag nicht so lebendig zu wirken. Man 
denke sich nun einen Brief, ein Manuskript oder dgl. eines großen Mannes, 
in natura den Schülern gezeigt, wie anders ist die Wirkung, wie lebhafter, 
wie persönlicher! Der Schreiber tritt unmittelbar vors Auge; schon der 
Anblick des Papiers, auf dem des Dichters Auge geruht, des Denkers fjand 
gelegen hat, macht lebendige Stimmung, es kommt zur bloßen Neugierde 
auch eine gewisse ehrfurchtsvolle Scheu. 
Diese Gedanken führten zu einem korporativen Besuch des oberöster- 
reichischen Landesarchivs. Mieder hatten wir das Glück, in der Person des 
Landesarchivars Dr. Rrackowizer einen liebenswürdigen und selbst begeisterten 
Führer zu finden, der dadurch, daß er das Material für die Besuche in 
sorgfältiger Auswahl vorbereitet, die Exkursion lehrreich und unterhaltend 
zugleich gestaltet. 
Die Schülerinnen sahen zunächst ses wird hier nur von den literarisch 
wichtigen Dingen gesprochen, ohne Rücksicht auf die reiche geschichtliche Aus- 
beute) wertvolle Originalhandschriften; darunter ist namentlich die einzige 
Handschrift von pleiers Garel und eine des Schwabenspiegels bemerkens- 
wert; an anderen Exemplaren konnte die Technik des mittelalterlichen 
Schriftwesens (Pergament und Papier, Farbe, Initialen und Miniaturen) 
erläutert werden. Dann kamen alte Drucke an die Reihe; ein durch Megiser 
herausgegebener Jans Enenkel, ein Teuerdank ic. Erwähnenswert ist noch 
besonders, daß zufällig Gelegenheit war, ein frisch abgelöstes Pergamentblatt 
zu besichtigen; es konnte so auf die oft so wichtigen Funde dieser Art hin¬
	        
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