Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

Die unbelebte Natur 
Die Anorganismen?) 
Die Kristalle ausgenommen tritt uns die leblose oder anorganische 
Natur nicht in bestimmt begrenzten, abgeschlossenen Gestalten, sondern 
in unregelmäßigen, keiner bestimmten Begrenzung unterworfenen und 
durch äußere Einflüsse regellos gestaltbaren und teilbaren Formen und 
Massen entgegen. Man müßte denn die im Universum kreisenden, nach 
Gestalt und Bahn mathematisch-physikalisch bestimmten toten Weltkörper 
als besondere „Individuen des Kosmos" anführen. Diese Massen sind 
bar jeder Organisation und jeder komplizierteren molekularen Struktur, 
die wir auch in den einfachsten Protozoen annehmen müssen, sondern 
bestehen aus homogenen Aggregaten gleichartiger Moleküle, wie das 
Wasser, das Gis, der Kalzit, oder sind heterogene Gemenge (nicht 
chemische Verbände) verschiedener Stoffe, wie der Granit, die Ackererde, 
die Luft ro. Ihre chemische Konstitution ist im Vergleich zu den orga¬ 
nischen Verbindungen eine relativ einfache. Man vergleiche die Formel 
einer höheren anorganischen Verbindung, wie des Minerals Vesuvian: 
H4 Ca 12 Ale Sii0 043 mit der des menschlichen Haemoglobins, einer 
Eiweißverbindung: Ct>oo Hyeo N154 Fei 3 0179. In Wasser, 
Säuren, Alkalien löslich, sind sie kristallisationsfähig und diffundieren 
infolge der Kleinheit ihrer Moleküle als Kristalls id e im osmotischen 
Versuch durch Membranen, hingegen sind die organischen Stoffe, vor 
allem die meisten Eiweißkörper, vielfach Kolloide und als solche in den 
gewöhnlichen Lösungsmitteln nicht gelöst, sondern nur in feinverteiltem, 
gequollenem Zustande vorhanden und wegen ihrer Molekülgröße nicht 
diffusibel. Mit den anorganischen Kolloiden (Kieselsäure z. B.) teilen die 
kolloidalen Eiweißkörper die Fähigkeit der Erstarrung oder Gerinnung. 
So gerinnt oder koaguliert das Plasma bei Hitze, durch Alkohol, Metall¬ 
salze und andere chemische Agentien, während aber die Eiweißkörper 
im Zelleibe unter normalen Bedingungen ihre Gerinnung verhindern 
und sich behaupten können, vermögen anorganische Kolloide ihre Er¬ 
starrung nicht zu verhindern. — wenn wir auch in der organischen 
Natur dieselben chemischen Elemente nachweisen können wie in der an¬ 
organischen, so sind es doch vor allem die vier Organogene (C, H, 0, N), 
die den Hauptanteil am Aufbau haben. Vor allem liegt das Schwer¬ 
gewicht der organischen Verbindungen im K0hlen st0 ff, dessen Stellung 
*) Diese Bezeichnung hat sich im Gegensatze zu „Organismen" eingebürgert, 
soll aber nicht notwendig Individuen bedeuten.
	        
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