Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

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ein Überschuß davon immer oxydiert wird, bei mangelnder Menge 
dagegen das in der Leber und den Muskeln aufgespeicherte ungelöste 
Glykogen aktiviert, das heißt in lösliche Dextrose (Traubenzucker) um¬ 
gesetzt wird, die in die Blutbahn gelangt. Aus der Störung solcher 
Regulationen, an denen vor allem die Fermente arbeiten, beruhen die 
sogenannten Stoffwechselkrankheiten. — Andererseits aber würde eine 
konstante, gleichmäßige Konzentration die Lebensarbeit bald sistieren, da 
bei mangelnden osmotischen Differenzen zwischen Zell-oder Gewebssäften 
der Übertritt und der Transport von Lösungen durch die Zellmembranen 
hindurch nicht möglich wäre. Solche osmotische Differenzen werden daher 
fortwährend geschaffen durch chemische Umsetzungen in den Zellen. — 
So ließen sich noch andere Belege für verschiedene Selbstregulierungen 
anführen, für solche des Blutdruckes, der inneren und der äußeren 
Sekretionen, der Atemtätigkeit usw. Tine Selbstregulation der 
Entwicklungsformen ist es, wenn z. B. der wachsende Reim an 
ihm hervorgebrachte Defekte — sogar eine Amputation der Hälfte — 
auszubessern vermag. 
Die Organismen sind eben Systeme eines beweglichen, dynamischen 
Gleichgewichtes und je labiler dieses ist, desto arbeitsfähiger ist es. Die 
Selbststeuerungen sorgen dafür, daß es niemals auf den Punkt des 
arbeitsunfähigen, stabilen Gleichgewichtes herabsinkt. Dieses stabile Gleich¬ 
gewicht bedeutet Stillstand, Tod, und es tritt ein, wenn die Selbst¬ 
steuerungen des Lebens versagen. — Interessant sind die Selbsthilfen, die 
der Organismus beim Eindringen von Giften aufbietet. So paralysiert 
er nach Kräften die Toxine der eingedrungenen infektiösen Bakterien 
durch Bildung von Antitoxinen (Gegengiften), desgleichen die Gift¬ 
wirkungen von Gewohnheitsgiften, wie Alkohol, Narkoticis. Dabei findet 
oft nicht ein bloßer Ausgleich, sondern eine Überkompensation stattz 
womit man die wohltätigen Reaktionen mancher aggressiver Stoffwechsel¬ 
störungen erklären will. 
Das Kapitel der Lebensautonomie oder der Selbststeuerungen wurde 
einer so eingehenden Behandlung unterzogen, weil in diesen Vorgängen 
eine besondere Eigenart alles Lebenden begründet ist. W'xü man diese 
Eigenarten oder die Vitalität kurz, mit Schlagworten, charakterisieren, 
so besteht sie in: Stoffwechsel (Selb st erhaltn ng) — Selb st formn ng. 
(Entwicklung) — Selbststeuerung (Anpassung).
	        
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