Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

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bildender, sondern vielmehr als ungünstige Abweichungen ausmerzender, 
als regulativer Faktor. Anderseits ist aber im Auge zu behalten, daß 
auch die Anpassungstheorie und auch die Mutationslehre noch lange 
nicht „erklären", wie und warum das Zweckmäßige durch Einpassung 
entsteht, durch welche „inneren Ursachen", sondern daß sie nur eine 
Tatsache des Geschehens in der lebendigen Natur feststellen. 
Reizeinprägung — Reizverwertung (Anpassung) — Gedächtnis — 
Vererbung schließen sich zu einer lebendigen Rette. 
Zum Schlüsse mögen noch einige Regulationen oder Selbst¬ 
steuerungen im Gebiete des Stoffwechsels hier Platz finden, 
die mit dem eben Abgehandelten im Zusammenhang stehen. Line mehr 
allgemeine Erscheinung ist die „innere Selbststeuerung des Stoffwechsels" 
bei einem normalen, fertigen Organismus, der sich im Stoffgleichgewichte 
hält. Steigert sich die Assimilation (Anbau), so wächst auch im selben 
Maße der Abbau. Stoffwechselverschiebungen greifen auch ein in den 
Ausgleich von Wärmeschwankungen. Bekanntlich haben die homoio- 
thermen Lebewesen die Fähigkeit, ihre Körperwärme trotz Schwan¬ 
kungen der Außentemperatur auf demselben Niveau zu erhalten. Diese 
Wärmeregulation hat sich, im Interesse der Brutpflege vermutlich, 
zu einer Zeit, wo auf der früher gleichmäßig temperierten Erd¬ 
oberfläche sich Klimazonen abzugrenzen begannen, ausgebildet und 
ihren Besitzern einen wesentlichen Vorzug vor den Wechselwarmen 
spoikilothermen) verschafft, die ihre Temperatur weniger im Gleich¬ 
gewichte behaupten können. Diese Regulation erfolgt reflektorisch vom 
Nervensystem aus, indem bei sinkender Außentemperatur die Wärme 
freimachenden chemischen Spaltungen, bei zunehmender Außenwärme die 
Wärme bindenden Synthesen im Stoffwechsel sich steigern. So ist beim 
Menschen im Winter der Stoffwechsel reger als im Sommer. — Der 
Thermoregulation an die Seite zu stellen sind Ausgleichungen im os¬ 
motischen Druck des Blutes, der Gewebssäfte, des Zellsaftes selbst. Die 
Konzentration und damit der osmotische Druck des Blutes unterliegt 
fortwährenden Schwankungen, wird aber immer reguliert durch die 
Tätigkeit der Exkretionsorgane. Geradeso wie Bakterien auf einem Nähr¬ 
boden endlich durch ihre eigenen Reaktionsprodukte (Alkohol, Essig z. B.) 
vergiftet werden, wenn diese nicht beseitigt werden — aus welcher 
Selbsterschöpfung man, nebenbei bemerkt, das Erlöschen von In¬ 
fektionen zu erklären versuchte — so geht auch der Organismus eines 
Tieres oder einer pflanze durch Autointoxikation zugrunde, wenn nicht 
für Abfuhr der Konzentrationsstoffe gesorgt würde. Der menschliche 
Körper reguliert z. B. selbsttätig den Zuckergehalt seines Blutes, indem 
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