Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

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der Literkokken, und als wahre „Freßzellen" sie einzuverleiben und zu 
verdauen trachten. Hier erweist sich dieser ganze Vorgang als ein für 
den Schutz des Organismus höchst zweckmäßiger, ebenso wie die Be¬ 
wegung der Algenschwärmer, denn diese wollen sich an einem Orte fest¬ 
setzen, wo durch Licht die Ernährung der grünen Alge garantiert wird. 
Im dunklen Raume kommen daher diese Schwärmer nie zur Ruhe, 
sondern schwärmen bis zur völligen Erschöpfung weiter, von einer 
„Hydrotaxis" spricht man, wenn z. B. die Plasmodien der Schleimpilze, 
formlose Plasmamassen, nach einem feuchten Fließpapier oder Schwamm 
kriechen. Andere Plasmodien zeigen überdies noch „Thermotaxis", indem 
sie von kühlerer zu wärmerer Feuchtigkeit strömen usw. 
Die Selbstregulierungen der Organismen. 
In fast allen diesen Richtungsbewegungen bekundet sich eine 
Zweckmäßigkeit, die schwer ohne eine gewisse Autonomie des Lebenden 
zu erklären ist. Die Organismen reagieren nicht wie Maschinen oder 
Automaten rein mechanisch und mit immer gleicher Eintönigkeit auf 
äußere Antriebe oder Auslösungen, sondern mit Variationen und ver¬ 
schieden abgestuften Intensitäten. Am deutlichsten tritt dies hervor bei 
dem als „Selbstregulation" oder „Selbststeuerung" bezeichneten 
vermögen der Organismen, Störungen des Lebensgleichgewichtes bis 
zu einem bestimmten Grade zu kompensieren. Damit sind gemeint 
Kompensationen bei Veränderung der äußeren Lebensbedingungen, 
z. B. des Klimas, der Nahrung, aber auch das vermögen, fede ben 
Organismus in seiner momentanen Lebenslage irritierende oder schädi¬ 
gende Störung, wie Verletzungen, Lageveränderungen, auszugleichen. 
Also die Regeneration bei Substanz- oder Organverlusten und die selb¬ 
ständige, zweckmäßige Abänderung gewohnter Reaktionsfolgen oder 
Reflexe. Beide Regulationen stehen im Dienste der Selbsterhaltung. 
Bei der Regeneration, welche durch eine Zellverjüngung 
und lebhafte Zellvermehrung am defekten Organ charakterisiert ist, 
wird nicht nur Abgetrenntes zu ersetzen getrachtet — Molche regenerieren 
den abgeschnittenen Schwanz, selbst Extremitäten, Seesterne abgebrochene 
Arme usw. — sondern Abgetrenntes oder Zerstückeltes vermag sich bei 
manchen niederen Organismen (Pflanzen, wirbellose Tiere) aus dem 
Teilzustande zu vollständigen Individuen zu ergänzen. Man kennt 
beispielsweise Seesterne, die von einem einzigen abgebrochenen Arme aus 
den ganzen übrigen Körper ergänzen, bekannter sind die Ableger und 
Stecklinge der Pflanzen, die Marchantia polymorpha, das Lebermoos,
	        
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