Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

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Ändert man den Stoffstrom durch verschiedene Stellung des Wahnes, so 
ändert sich sofort Größe und Form der Flamme. Und wie ein lebender 
Körper durch seine immer neu erzeugte Eigenwärme den Fortbestand 
der Lebensprozesse gewährleistet, also selbst in sich gewisse innere 
Lebensbedingungen schafft, so tut dies auch die Flamme durch ihre 
konstante Verbrennungswärme. — Dieser Vergleich und der ihm ähn¬ 
liche Vergleich eines lebenden Körpers mit einem Wasserfalle, der be¬ 
ständig seine Ulasse, aber nicht seine Gestalt ändert, beweisen auch, daß 
trotz Stoffströmung und flüssigem Aggregatzustande, dem ja auch das 
Plasma sehr nahe kommt, eine beharrende Form möglich ist. 
Die Phasen des Stoffwechsels. 
Der Stoffwechsel, dieses Hauptkriterium des Lebens, besteht aus 
zwei entgegengesetzten Hauptphasen, deren erste wesentlich synthetischer 
Natur ist und ein Anbau neuer lebender Substanz aus leblosen Nähr¬ 
stoffmolekülen und deren zweite ein auf Analyse oder Zerfall beruhender 
Abbau ist, wobei aus lebender Materie wieder leblose Stoffe ausge¬ 
schieden werden. Dieser zweiphasige Themismus setzt natürlich eine große 
und vielseitige Reaktionsfähigkeit und Zersetzbarkeit (Labilität) voraus, 
wie sie tatsächlich den Eiweißverbindungen im lebenden (nicht im toten!) 
Plasma eigen ist. Der Stoffwechsel ist also in der Hauptsache ein Stoff¬ 
wechsel der Tiweißkörper. Dieser leichte Zerfall der Tiweißmoleküle, der 
sich in der bekannten „Reizbarkeit" des Plasmas wiederspiegelt, und ihre 
Rekonstruktion durch Nahrungsmoleküle bildet das Grundschema jedes 
Stoffwechsels. 
Die beiden Stoffwechselphasen werden als Assimilation (Anbau) 
und Dissimilation (Abbau) unterschieden, hiebei wurde der ursprüng¬ 
liche nur für die Synthese organischer Substanz aus anorganischer (CO 2, 
H2 0, Salze) in der grünen pflanze gebrauchte Assimilationsbegriff auch 
auf den tierischen Themismus ausgedehnt. (Tierische Assimilation.) Das 
Prinzip einer rein synthetischen Assimilation ist am reinsten in der chloro- 
phyllhältigen pflanze verwirklicht, hingegen werden im tierischen Orga¬ 
nismus die verwickelt gebauten organischen Verbindungen der Nahrungs¬ 
mittel, die Liweißkörper, Fette, Kohlehydrate, vor der eigentlichen Assi¬ 
milation in einfachere Stoffe von geringerer Molekulargröße gespalten 
und gelöst — denn nur in gelösten: Zustande sind sie verdaulich — und 
nachträglich wieder zu lebendiger Substanz aufgebaut. — Jede Assi¬ 
milation ist im Grunde genommen nur eine Vervielfältigung oder Er¬ 
gänzung bereits vorhandenen lebenden Stoffes aus ungleichartigen 
(toten) Stoffen niederen Baues d u rch die lebende Materie selbst, niemals
	        
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