Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

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Entwicklungsfähigkeit der Organismen, sei sie als Einzelentwicklung 
(Ontogenie) oder Stammesentwicklung (phylogenie) gedacht. Daß die 
Entwicklung in den meisten Lallen eine aufsteigende, eine Höherent¬ 
wicklung ist, kann nicht geleugnet werden und es tritt hier wie in den 
eben angeführten Lebenspotenzen eine 3clbftdn6igfeit oder Autonomie zu 
Tage, deren überraschendster Zug eine gewisse Zweckmäßigkeit ist. Die 
lebendigen Körper sind autonome Braftzentren imEnergie- 
kreislauf der Welt. 
Die Erhaltung des Lebens. 
Das Leben ist ein Bampf — dieser Satz zuerst für den Daseins¬ 
und Konkurrenzkampf innerhalb der menschlichen Gesellschaft geprägt 
— dann von Th. Darwin in inehr metaphorischem Sinne zur Be¬ 
gründung seiner Theorie von der natürlichen Zuchtwahl auf das Tier- 
und Pflanzenreich ausgedehnt, hat ebensowohl für das Leben jeder Zelle, 
sei sie freilebende oder Gewebszelle, seine Gültigkeit. Denn alle Beize 
— vor allein die gewöhiilichen Lebensreize — die direkt oder auf dem 
Wege der Beizleitung das Protoplasma treffen uiid Energien auslöseii, 
veräiidern die chemische Stofflichkeit und inolekulare Struktur der lebeiiden 
Substanz unter Abspaltung gewisser Zerfallsprodukte. Das Plasma er¬ 
leidet also Verluste. Soll die lebende Substanz ihre Integrität und Aktions- 
fähigkeit wieder gewinnen, so kann dies nur durch Angliederung iieuen 
Bauinateriales und Bindung neuer chemischer Energien geschehen. Es 
ist also das arbeitende Plasma in einem steten, nach Gewebsart uiid 
Arbeitsinteiisität mehr oder minder regen Stoffwechsel begriffen. 
Dieser wird jedenfalls in stabileren Geweben, wie im Bnochen- und 
Stützgewebe, schwerflüssiger vor sich gehen als in Geweben mit ständig 
wechselndem Tonus, wie er der Nerven- und Btuskelsubstanz eigen ist. 
And es gibt schließlich Baustoffe des Organismus, die, vollends (oder 
nahezu vollends) aus dem Stoffwechselchemismus ausgeschaltet, nur 
mehr mechanischen Leistungen dienen, wie das Holz (Saftleitung, Stütz¬ 
gerüst) oder die verschiedenen Panzer und Skelette der wirbellosen 
(Molluskenschalen, Spongiennadeln). Sie sind eigentlich als erstarrte und 
in sich gefestigte Ausscheidungs- oder Umwandlungsstoffe der lebenden 
Substanz tot und werden als solche oft abgestoßen. Der Stoffwechsel ist 
die allgemeinste und wesentlichste Lebenserscheinung und selbst bei den 
niedersten Organismen, wie Mikroben von einigen Zehnteln Mikra *) 
Größe, wo wir nach anderen, sinnfälligeren Lebensanzeichen, wie Beiz- 
*) Ein Mikron (fx) ist OOOH mm.
	        
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