Volltext: XXI. Jahresbericht des Mädchen Lyzeums in Linz 1909/10 (21. 1909/10)

ihren Sauerstoffbedarf aus sauerstoffreichen Verbindungen (organischen 
Säuren z. B.) ihres Substrates decken. 
Erstaunlich groß sind die T em peratu rgrenzen, innerhalb deren 
die Lebensfähigkeit sich bewegt, wobei jedoch für jeden Organismus, 
genauer für jede Funktion im selben Organismus, ein gewisses 
Temperaturoptimum besteht, bei dein die Lebensvorgänge am inten¬ 
sivsten und raschesten sich abwickeln. Bazilleiüporen behielten ihre Lebens¬ 
und Reimfähigkeit bei —200° C, ja sogar —250° C, Temperaturen, 
wie man sie tiefer experimentell nicht herstellen kann. Bekannt ist, daß 
man wechselwarme Tiere (Fische, Frösche) ohne Lebensgefahr einfrieren 
lassen kann, Schnecken ertrugen sogar Grade von —(20. Das Gegen¬ 
stück bilbcn manche in heißen Daellen (Pellowstonepark) von 70 o — 80° C 
vegetierende Algen oder Bakteriensporen, die selbst durch siedendes Master 
von (50° C nicht abgetötet wurden, ja manche beginnen erst bei 500 
— 70° C im Master ihre Vermehrung, bei einer Temperatur, wo Plasma 
gewöhnlich gerinnt. — Dieselben Rardinalpunkte (Minimum, Maximum, 
Optimum) gelten auch für die Größe des umgebenden Druckes, bei 
dem Leben möglich ist, sei es Luft- oder Mafferdruck. — Daß Licht 
keine unerläßliche Lebensbedingung ist, beweisen chlorophyllose pflanzen 
oder die Lebewelt der Tiefsee. 
Sollen andere Planeten außer unserer Erde ähnliches Leben be¬ 
sitzen, so müßten auf ihnen dieselben Lebensbedingungen herrschen. Unter 
ganz anders gearteten Bedingungen würden dann auf ihnen auch 
fremdartige Lebewesen existieren. Mit diesem Gedanken verläßt man aber 
bereits den Boden der Tatsachen und begibt sich auf das uferlose Meer 
der Spekulation. Denn wir kennen keine anderen Lebensbedingungen als 
die unserer Trde und jede Konstruktion fremdartigen Lebens ist reine 
Phantasie. So könnten, dachte man, auch auf der glühendheißen Sonne 
Organismen vorhanden sein, freilich ganz eigenartige, den großen Hitze¬ 
graden der Sonnenatmosphäre angepaßte Mesen. Diesen: Gedankenspiel 
kam die chemische Tatsache zu Lsilfe, daß in vielen Verbindungen be¬ 
stimmte Elemente gegen andere gleichwertige, verwandte ausgetauscht 
werden können. So kann das Ralium gegen Natrium, das Calcium 
gegen das Magnesium rc. ausgetauscht werden. Der vierwertige Rohlen- 
stoff kann, auch in organischen Verbindungen, durch das vierwertige 
Silicium ersetzt werden und man hat in der Tat eine Rieselameisen¬ 
säure, Rieselalkohole, Rieselchloroform dargestellt, die alle statt de^ C 
ein Si im Molekül enthalten. Auch bilden manche 8i-verbindungen 
Gallerten oder Rolloide und ähneln dadurch dem Plasma. (Mobei man 
gber eine andere Tatsache übersah, daß nämlich manche pflanzen wirklich
	        
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