Volltext: Die unsterbliche Landschaft. Zweiter Band: Flandern. Arras-Somme-St. Quentin. Die Aisne-Champagne-Front. Der Kampfraum Verdun. Vogesenkrieg. Der Krieg in den Kolonien. Der Seekrieg. (II. / 1935)

Vorwort 
Weltkrieg zeigt das doppelte Gesicht des Landkriegs und des Seekriegs. Für die Rriegs- 
I^/entfcheidung waren beide von gleicher Bedeutung. Trotzdem lag das Schwergewicht der kriege 
rischen Handlungen durchaus auf dem Lande. Nur hier ist das große Prinzip desRrieges, wonach alle 
personellen und materiellen Rräfte und Machtmittel restlos für die Entscheidung eingesetzt werden 
müssen, zur Durchführung gelangt. Im Seekrieg dagegen unterblieb der volle Einsatz, obgleich die 
beiden Großtaten der Skagerrakschlacht und des unbeschränkten U-Boot-Rrieges zur Genüge zeigen, daß 
die junge deutsche Flotte es hätte wagen dürfen, die Entscheidung gegen England herauszufordern. 
Große, grundlegende Irrtümer bleiben selten ungestraft. Das mangelnde vertrauen der ver 
antwortlichen Stellen in die eigene Rraft hat sich im Weltkrieg schwer gerächt. Es genügt, daran 
zu erinnern, daß England die Hungerblockade durchzuführen vermochte, die Deutschland schließlich 
auf die Rnie zwang; daß die Ententemächte die ganze Welt für ihre Kriegszwecke mobilisieren konnten; 
daß der amerikanische Ron rin ent seine frische, unverbrauchte Mannschaft gerade zur rechten Zeit 
ungehindert in die Entscheidung warf. Ob alles dies hätte verhindert werden können, ist zwar ungewiß. 
Aber auch wenn der versuch mißlungen wäre, so ruhte die ruhmreiche deutsche Flotte besser auf dem 
Schlachtfeld der Nordsee als im Hafen von Scapa Flow. — 
Letzten Endes ist der Weltkrieg doch auf dem Meer entschieden worden, wir pflegen die welt 
politischen Zusammenhänge aus einer gewissen Engigkeit unseres kontinentalen Gesichtskreises heraus 
immer noch zu unterschätzen. Um so notwendiger ist es, auf sie hinzuweisen. Denn man sollte die 
Hoffnung nie aufgeben, daß aus Fehlern gelernt wird. 
Es mag zunächst befremden, wenn hier von der Landschaft des Seekrieges gesprochen wird. 
Wer freilich das Meer kennt und liebt, oder für wen es ein Element seines Daseins geworden ist, der 
weiß, daß sturmgepeitschte See oder die glatte unendliche Fläche des Wasserspiegels ebensogut „Land 
schaft" ist wie Hochgebirge und wüste. Was der Landsoldat für Verdun, für die polnische Ebene, für 
die mazedonischen Berge oder die Alpen fühlt, das empfindet der Seemann für die Helgoländer Bucht, 
die flandrische Rüste, die Gewässer des Skagerrak. Dem Matrosen, der auf großer Fahrt im U-Boot 
nach der Westküste Englands oder ins Mittelmeer zog, ist das weite Meer in seiner unendlichen Mannig 
faltigkeit ein so tiefes Naturerlebnis geworden, daß demgegenüber alle Naturschön heiten auf dem 
Lande verblassen. 
Auf den Weltmeeren vollendete dieser gewaltigste aller Rriege seinen Lauf um den Erdball. 
Auf allen Ozeanen starben deutsche Seeleute, fuhren deutsche Schiffe mit wehender Flagge zum Grund. 
So schließt sich auf der hohen See der Ring der Unsterblichen Landschaften des Weltkrieges. 
Die folgende Darstellung über den Seekrieg hat Ronteradmiral a. D. Gadow geschrieben. 
Erich Otto Volkmann. 
Potsdam, im November 1935.
	        
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