Volltext: Die unsterbliche Landschaft. Zweiter Band: Flandern. Arras-Somme-St. Quentin. Die Aisne-Champagne-Front. Der Kampfraum Verdun. Vogesenkrieg. Der Krieg in den Kolonien. Der Seekrieg. (II. / 1935)

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Die Belagerung 
werke und an der Herstellung zahlreicher neuer Geschützstellungen gearbeitet worden. Die Rampf- 
mittel an Munition, Geschützen und Maschinengewehren konnten verstärkt werden. Rechtzeitig war 
es dem ostasiatischen Marine-Detachement gelungen, Tsingtau zu erreichen. ls-00 Rriegsfreiwillige 
und Männer des Beurlaubtenstandes waren vor der Einschließung eingetroffen. Die Verproviantierung 
der Festung war soweit erhöht, daß sie für mindestens ein halbes Jahr ausgereicht hätte. Das denkbar 
Beste war getan, was unter den gegebenen Umständen und mit den verfügbaren Mitteln überhaupt 
erreicht werden konnte. Tsingtau war zum Rampfe gerüstet. 
Die Stadt war von einem Rran; von Befestigungen umgeben. Nach der Seefeite zu war sie 
durch Forts und Strandbatterien geschützt, die auf einigen in das Meer vorspringenden Halbinseln an 
gelegt waren. Auf der Landseite erhob sich unmittelbar hinter der Stadt, einer natürlichen Stadtmauer 
gleich, das durch zahlreiche Batteriestellungen und bombensichere Betonbauten befestigte Bergmassiv 
der Iltis-, Bismarck- und Moltkeberge mit dem Ausläufer des Mathildensteins. Hinter diesen Höhen 
schloß halbkreisförmig von Meer zu Meer eine ö Rilometer lange Rette von 5 Infanteriewerken 
die Festung landeinwärts ab. Vor diesen Merken vollzog sich, durch den Ruschan, den Taschan, die 
Waldersee-Höhen und die Prinz-Heinrich-Berge gedeckt, der Aufmarsch der feindlichen Artillerie. 
Nach der Einschließung brauchten die Japaner noch einen ganzen Monat, um ihre Belagerungs 
artillerie heranzuschaffen. Zu diesem Zweck bauten sie erst von Mangkotschwang aus eine von Rulis 
betriebene Feldeisenbahn um das Lauschan-Gebirge herum nach Litzun. Die deutschen Festungsgeschütze 
suchten in dieser Periode der Belagerung die Heranführung und Aufstellung der feindlichen Artillerie 
nach Rräften zu stören, während der Feind sich auffällig ruhig verhielt. Auch die Strandbatterien 
griffen in diesen Rampf ein, indem sie über die Stadt hinweg in die feindlichen Stellungen feuerten. 
Die Beschießung gestaltete sich um so schwieriger, als der Aufmarsch unsichtbar hinter jener Bergkette 
erfolgte. Trotzdem erlitt der Feind schwere Verluste an Geschützen und Mannschaften. Der berühmte 
„Flieger von Tsingtau" leistete in diesen Oktoberwochen durch seine kühnen Beobachtungsflüge der 
Festungsartillerie unschätzbare Dienste. 
Täglich rollte jetzt schwerer Geschützdonner über die Stadt und die Berge. Besonders in den 
sternenklaren Nächten bot das Artilleriefeuer ein großartiges Schauspiel. In der Festung herrschte 
ein fieberhafter Betrieb. Die Nerven waren aufs höchste angespannt. Patrouillen gingen und kamen, 
Autos und Motorräder sausten hin und her, Telephone schrillten, Befehle wurden erteilt. Dazwischen 
dröhnte der Donner der eigenen Batterien und krachten die Granaten der feindlichen Schiffsgeschütze 
und die Bomben der feindlichen Flieger, die jetzt täglich die Stadt und die Festung heimsuchten. 
Inzwischen arbeitete sich die feindliche Infanterie, ohne von der eigenen Artillerie unterstützt 
zu werden, vor den Ruschan—Maldersee-Höhen langsam an die deutschen Infanteriewerke heran. 
Besonders ihr rechter Flügel hatte unter dem Flankenfeuer der „Raiserin Elisabeth" und des „Jaguar" 
schwer zu leiden. Näher und näher schoben sich ihre Laufgräben vor. Am 20. Oktober lag sie l 500 Meter, 
am 2ö. bereits 800 Meter vor dem Haupthindernis. 
Endlich, am Z l. Oktober, begann nach sorgfältiger Vorbereitung der letzte Akt der Belagerung. 
Am Morgen dieses Tages setzte das Feuer der gesamten Belagerungsartillerie schlagartig in voller 
Stärke ein. Tag und Nacht ging von nun an das Feuer schwerer und schwerster Geschütze ununter 
brochen auf Tsingtau nieder. Gleichzeitig beschoß die Blockadeflotte, die jenseits der Bucht hinter 
der Halbinsel Haishi aufgefahren war, die Stadt und die Festung mit schwerstem Raliber. Immer 
stiller wurden die deutschen Festungsbatterien. Völlig vom feindlichen Feuer eingedeckt, vermochten 
sie nur noch in den Gefechtspausen des Gegners zu schießen. Am besten arbeitete noch in diesen letzten 
Tagen die bewegliche Artillerie, die sich durch raschen Wechsel ihrer Stellungen immer wieder der 
Vernichtung zu entziehen verstand. Die großen Petroleumtanks am Hafen gingen in Flammen auf. 
Wie ein Fanal des nahen Endes stiegen gewaltige Rauchsäulen zum blauen Himmel empor und legten 
einen schwarzen Schleier über die sterbende Stadt. 
„Schauerlich war die Pracht zum November, in der die Japaner einen ihrer Sturmangriffe 
versuchten... Ein furchtbarer Sturm heulte durch die Nacht, der Geschützdonner dröhnte in rasendem
	        
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