Volltext: Die unsterbliche Landschaft. Zweiter Band: Flandern. Arras-Somme-St. Quentin. Die Aisne-Champagne-Front. Der Kampfraum Verdun. Vogesenkrieg. Der Krieg in den Kolonien. Der Seekrieg. (II. / 1935)

Vorwort 
3 n dem Sammelwerk „Die unsterbliche Landschaft" soll ein neuer, bisher sonderbarerweise noch 
niemals aufgegriffener Gedanke Gestalt gewinnen: Die Betrachtung des Gesamtkriegserleb 
nisses von der Landschaft aus. 
Die Millionen deutscher Soldaten, die im Felde gestanden haben, tragen in ihrer Seele die Er 
innerung an die Landschaften, in denen sie in diesen vier Jahren gelebt, gekämpft und gelitten haben. 
Für ihr ganzes Leben begleitet die aus den Wasserlöchern Flanderns, den endlosen weiten Rußlands, 
der verkarsteten Hochgebirgswelt des Balkans Heimgekehrten das Gefühl tiefer innerer Verbunden 
heit mit dem Boden, den sie eroberten, für dessen Verteidigung sie bluteten, auf dem ihre Freunde 
und Rameraden starben, vloch nach vielen Jahren eines ganz anders gearteten friedlichen Lebens 
kann der Geruch feuchten Erdreichs, der Schrei eines Vogels in schneestiller wintereinsamkeit, ein 
mühevoller Gang auf holpriger Geröllhalde oder der Anblick einer blauschwar; bewaldeten Horizont- 
linie vor leuchtendem Abendhimmel plötzlich und mit zwingender Gewalt Bilder der Vergangenheit 
in ihnen aufrühren, die schon ganz versunken waren. Es steht dann in jähem Erinnern „ihre" Land 
schaft aus dem Rriege wieder vor ihnen, die ihnen zum Erlebnis, vielleicht zum Schicksal wurde. 
Der Soldat erlebte den Wechsel der Landschaft nicht, wie man ihn auf einer Reise erlebt. Dafür 
lastete der schwere Ernst des Rrieges zu sehr auf Tag und Stunde. Die unermeßlichen Gegensätze 
zwischen der Rulturlandschaft Flanderns und Frankreichs und der Armseligkeit Rußlands und des 
Balkans gingen in fein Bewußtsein meist nur in sehr primitiver Form und unter vorwiegend prak 
tischen Gesichtspunkten ein. Das wesentliche und Charakteristische der Landschaften, in denen er 
damals kämpfte, wurde ihm nur selten so klar und deutlich, daß er sich selbst ein fest umrissenes Bild 
machen und seinen Angehörigen und Freunden eine genaue Vorstellung vermitteln konnte. 
viele, die später im Frieden die Schlachtfelder wieder aufsuchten, sind enttäuscht heimgekehrt, 
was sie gesehen hatten, war nicht „ihre" Landschaft, verflucht und geliebt, erfüllt vom Geruch und 
Getöse des Rampfes, durchbebt vom Schrecken tausendfachen Todes; es war eine friedliche, will 
fährige Reiselandschaft geworden, in der die „historische Erinnerung" allzu geflissentlich gepflegt 
wurde. Das gewisse Heimatgefühl, das den ehemaligen Frontsoldaten mit seinen Rriegslandschaften 
verbindet, kann heute an Kriegerdenkmälern und künstlich erhaltenen Ruinen kein Genüge mehr 
finden. 
Die Landschaft des Weltkrieges, wie sie der Soldat gesehen und erlebt hat, ist verschwunden. 
Das Leben hat sie wieder in Besitz genommen und die Spuren des Rampfes, soweit es anging, getilgt. 
Sie wird als ewiges Vermächtnis gewaltigen Zeitgeschehens nur noch in den Bildern lebendig 
erhalten, die an Ort und Stelle im Rriege aufgenommen worden sind. Diese Bilder können, und das 
ist der Sinn dieses Bilderwerkes, dem Soldaten, der „draußen" war, das Besondere und Einzigartige 
jeder Landschaft wieder in die Erinnerung zurückrufen. Wort und Bild sollen ihm vielleicht auch 
die Sprache vermitteln, um das auszudrücken, was er oft nur unbewußt empfindet. 
Die Schlachtfelder, auf denen zwei Millionen deutscher Soldaten ruhen, sind im höchsten Sinne 
„unsterbliche Landschaft". Sie im Geist des Volkes unsterblich zu erhalten, heißt dem heroischen 
Gedanken dienen, der Deutschlands Zukunft trägt. 
Es ist mir herzliches Bedürfnis, meinen alten Rriegskameraden, die mir bei der Herstellung 
des Textes und der Auswahl der Bilder behilflich gewesen sind, auch an dieser Stelle meinen 
Dank auszusprechen. 
Erich Otto Volkmann 
Potsdam, im Juli lhZ4.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.