Diese Beschlüsse sind aber auch durchaus nicht nur Beschlüsse
geblieben, sondern in der Tat die Richtlinien der gewerkschaftlichen
Kriegspolitik geworden. Alle Lohnbewegungen wurden sofort ein¬
gestellt. Als sich später, infolge der Verteuerung der Lebenshaltung,
ein starkes und nur allzu berechtigtes Verlangen nach Erhöhung der
Löhne geltend machte, haben die Gewerkschaften mit allem Nach¬
druck und befriedigendem Erfolge danach gestrebt, die sich daraus
ergebenden Lohnbewegungen ohne Störung des Arbeitsprozesses zu
führen. Jeder Kenner der Verhältnisse weiß, wie schwierig das in
zahlreichen Fällen gewesen sein muß, und wir alle wissen, wie un¬
endlich viel für die Kriegführung hinter der Front davon abhing
und noch immer abhängt. Man darf billig bezweifeln, ob es ohne
diese Tätigkeit der Gewerkschafterl möglich gewesen wäre, die Arbeit
im Larrde so, wie es geschehen ist, vor allen Störungen und Unter¬
brechungen zu bewahren.
Als sich unter dem ersten Eindrücke des Kriegsausbruches eine
Arbeitslosigkeit von beklemmendem Amfange zeigte, haben die Ge¬
werkschafter: ihre Anterstützungseinrichtungen sofort den ungewöhn¬
lichen Zuständen angepaßt, indem sie einschränkende Bestimmungerr
aufhoben, um allen ihren erwerbslosen Mitgliedern einen Rückhalt
in der großen Bedrängnis zu bieten. Sie haben sich auch von der
ersten Woche an mit Eifer, teilweis sogar mit Übereifer, der Unter¬
stützung der Kriegerfamilien gewidmet. Als die Dauer des Krieges
die anfänglich vorgesehenen regelmäßigen Unterstützungen nicht mehr
zuließ, sind sie zu Zuwendungen übergegangen, die teilweis als Miete¬
beihilfen, teilweis zu den hohen Festen gezahlt werden. Bis zum
Oktober 1916 hatten die Zentralverbände allein für diese Zweige
der sozialen Kriegsfürsorge rund 53 Millionen Mark aufgewendet.
Als die Absperrung Deutschlands von der Seezufuhr empfind¬
liche Eingriffe in die Nahrungsmittelversorgung nötig machte und
es sich darum handelte, die Bevölkerung über diese Notwendigkeit
aufzuklären, haben sich die Gewerkschaften durch Wort und Schrift
an dieser Aufklärungsarbeit beteiligt. Ein ganz eigenes Kapitel ist
dabei die Tätigkeit der Gewerkschaftspresse. Es ist bekanntlich eine
Eigentümlichkeit der deutschen Gewerkschaften, daß sie, im Gegen¬
satz zu den englischen und skandinavischen Gewerkschaften, eine gut-
ausgebildete eigene Presse unterhalten. Jeder, auch der kleinste
deutsche Zentralverband hat seine Verbandszeitung, die jedem Mit¬
glieds umsonst geliefert wird (nur der Buchdruckerverband gibt seine
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