170
Bulgarien schließt Sonderfrieden.
Der Bukarester Friede hatte in Bulgarien starke Verstimmung hervorge
rufen, weil er dem Lande in der Dobrudschafrage eine arge Enttäuschung
bereitet hatte. Man hatte auf die Erwerbung der ganzen Dobrudscha gehofft
und empfand es als eine schmerzliche Schädigung, nur die Hälfte des Zuge
sagten erhalten zu haben. Daß die deutschen Etappentruppen aus den von
Bulgarien besetzten Gebietsteilen nicht abgezogen wurden und die Über
gabe der Verwaltung dieser Gebiete an Bulgarien unterblieb, erregte Miß
trauen. Die breite Masse des bulgarischen Volkes sah sich um die vom Bünd
nisse mit den Mittelmächten erhofften Vorteile getäuscht und war kriegs
müde. Die im Volke entstandene Verdrossenheit wurde durch geschickte
Werbearbeit, deren Mittelpunkt der Gesandte der Vereinigten Staaten von
Nordamerika in Sofia 114 ) war, so sehr gesteigert, daß sich bald ein vollkom
mener Stimmungsumschwung des bulgarischen Bundesgenossen zeigte.
Rein zahlenmäßig hätten die vom Prespasee bis zur Strumamündung in
vier Frontabschnitte gegliederten und in Höhenstellungen eingebauten 267 bul
garischen Bataillone dem Gegner wohl standhalten können. Albanien wurde
von drei k. u. k. ITD., verstärkt durch mehrere deutsche Bataillone und
Batterien, gedeckt. Aber schon Ende Juli 1918 erhielt das AOK. vom
Militär-Generalgouvernement in Belgrad Nachricht darüber, daß die Hal
tung Bulgariens zweifelhaft und unsicher sei und daß bis Mitte September
mit dem Umschwenken dieses Bundesgenossen gerechnet werden müsse. Die
Nachrichten über einen feindlichen Angriff verdichteten sich und bald wur
den sowohl Tag als auch Ort der gegnerischen Offensive, die die Kraft der
Bulgaren völlig zermürben sollte, genannt.
Der Angriff der Salonikiarmee begann, wie erwartet, am 15. September
im Raume zwischen Vardar und Cerna. Im Abschnitte Rahovo—Dobropolje
wurde die bulgarische Front durchbrochen. Französische Divisionen über
rannten die 2. bulgarische Division; die danebenstehende 3. Division wurde
mitgerissen und die Panik setzte ein. Die Bulgaren wichen in breiter, sich
bis auf 35 km in die Breite und 40 km in die Tiefe erweiternder Lücke und
zogen sich auf die bulgarische Landesgrenze zurück. Am 22. stand der Feind
schon vor Negotin, die bulgarische Armee war in zwei Teile gespalten. Der
Versuch, die Truppen zum Ausharren zu bewegen, war vergeblich. Bald
114 ) Bulgarien und die Vereinigten Staaten von Nordamerika befanden sich nicht im
Kriegszustände.