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Der Ausweg aus dieser Mißwirtschaft ist gegeben. Haben die
bürgerlichen Klassen Schulden gemacht, so sollen sie selb st sie
Zahlen. Da die Landtage von Großgrundbesitzern, Hausherren und
sonstigen bürgerlichen „steuerzahlenden" Schichten regiert werden, so
sind diese Regierenden verpflichtet, aus erhöhten Umlagen auf die
Grundsteuer unb die übrigen direkten Steuern diese Schulden zu
decken. Die Länder haben ihre eigenen Finanzrechte, mögen sie die
selben benützen und den Staat wie die Volksmassen ungeschoren lassen.
Können sie das aber nicht und wallen sie es nicht, müssen sie
sich an die Massen des arbeitenden Volkes um Steuern wenden, so
müssen sie ihre politischen Privilegien aufgeben und das allgemeine,
gleiche Wahlrecht zu den Landtagen einführen! Die Massen, die die
Steuern zahlen sollen, die müssen auch berufen werden, sie zu be
willigen, und zwar in den Landtagen selb st, denn der Staat
geht die Länder nichts an und umgekehrt. Der Steuerbewilliger muß
auch der Steuerzahler sein.
Aus diesem Grunde haben die sozialdemokratischen Abgeord
neten im Parlament erklärt:Ohne allgemeines und glei
ches Wahlrecht zu den Landtagen soll es keine
Sanierung der Landessinanzen geben!
Dev Staats- und Volksvevvat dev Finanzininiftev
Aovytowski und Bilinski.
Die Gesanrtübevrveisungen.
Die Pflicht der Regierung angesichts der Mißwirtschaft der
Landtage wäre klar gegeben: Staatsfeindlich waren die
Landtage Oesterreichs durch alle Zeit, sie haben von Anbeginn an
die staatliche Entwicklung gehemmt und geschädigt, ihn überall
behindert und gelähmt, ja nicht selten auf seine Zerreißung hin
gearbeitet. Die stolzen Landtage haben die Staatsgewalt gedemütigt,
so oft sie konnten. Run sind sie vom hohen Roß herunten, als schuld
hafte Bankerotteure stehen sie nun vor ihm, um Gnadengaben bettelnd.
Wenn jemals, wäre jetzt der Moment gegeben, mit ihnen abzurechnen
und sie in ein geordnetes vernünftiges Rechtsverhältnis zum Staat
zu bringen.
Aber nichts von dem tut die Regierung, sie umschmeichelt noch
eher die Landtagsherren und opfert ihnen auch jetzt noch Hoheitsrecht
um Hoheitsrecht, sie gestattet ihnen den vollen Zugriff in die Staats
kassen und wird den Staat selbst in den Bankerott der Länder ver
wickeln. Sie verrät den Staat an die Länder!
Sie verrät auch das Volk, dessen Interessen zu wahren die
Regierung des allgemeinen Stimmrechtes verpflichtet wäre. Sie dürfte
den Landtagen nicht einen Heller bewilligen, ehe denn sie dem Volke
sein Wahlrecht gegeben. Sie dürfte die besitzlosen Klassen, die schon
sür den Staat unermeßliche Steuer- und Militärlasten zu tragen