Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

Lohnkämpfen greifen. Dann werden die impotenten Prediger der 
Mittelstandsheilsarmee wieder über die Begehrlichkeit der Arbeiter 
raunzen. Das Proletariat kann niemand aufhalten, das Notwendige 
zu vollbringen. 
Je kläglicher die Haltung der ganzen Oeffentlichkeit sich zeigt, 
desto klarer und mutiger muß das Proletariat seine Interessen und 
seine Fahne behaupten. Es kommt seiner organisierten Vorhut zu, 
die breitesten Massen über den Klassencharakter der Steuerreform 
aufzuklären. War die Reform von 1896 die Steuerreform des kleinen 
Mannes, so verspricht die heutige jene des Kapitals im allgemeinen 
und des Agrarkapitalismus im besonderen zu werden. Es wäre 
traurig, wettn gerade sie — dem Volkshause vorbehalten sein sollte! 
V. Abschnitt. 
Die Merwendung der neuen Steuern: Der 
Iinanzpkan und die Sanierung der Landes 
sinanzen. 
Steuern müssen nach einem doppelten Gesichtspunkte beurteilt 
werden, erstens darnach, von wem sie genommen werden, zweitens 
darnach, wozu sie verwendet, an wen sie vom Staate weiter gegeben 
werden. (I, Seite 63.) Nach der Erörterung der A u f b r i n g u n g der 
neuen Steuern gehen wir an die Beurteilung ihrer beabsichtigten 
Verwendung. Damit wird das Maß der Empörung erst voll. 
Die Verwendung der Steuern folgt bestimmten, mehrere Jahre 
umfassenden Absichten, die Finanzverwaltung stellt für eine längere 
Zeit voraus ein Verwendungsprogramm, den F i n a n z p l a n auf. 
Dieser Plan wird in der Regel stillschweigend von ihr verfolgt, bei 
uns aber ist er bisher in einem Gesetze fixiert. Das Einführungs 
gesetz der letzten gesetzlichen Steuerreform, des Personalsteuergesetzes 
von 1896, enthält den jetzt geltenden Finanzplan, der mit Ende 1909 
abläuft. 
Dev bisherige Finanzxlan. 
Anläßlich der kleinbürgerlichen Steuerreform des Jahres 1896 
wurde der Finanzplan aus folgenden Gründen in das Gesetz auf 
genommen. 
1. Es sollte die Personaleinkommensteuer neu eingeführt werden. 
Die besitzenden Klassen waren aber gar nicht gewillt, eine neue Last 
zu übernehmen. Sie erklärten: Wenn wir eine neue Steuer zahlen 
sollen, muß uns dafür ein Teil der alten Steuern nachgelassen 
werden. Der Finanzminister Steinbach beugte sich dem Steuerstreik
	        
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