Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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größerer Nachlaß zuteil werde, der im Jahre 1921 den Betrag von 
25,988.021 Kr. ausmachen soll. 
Diese Taube sitzt noch auf dem Dache; den Agrariern aber ist 
der Sperling in der Hand lieber; sie lassen sich sofort und bar aus 
die Hand 7 Millionen Kronen schenken! Die Mieter aber, ins 
besondere die arbeite ndenKlassen, gehennatürlich 
ganz leer aus. Auch hier ruft ihnen der Finanz 
minister zu: Schweigen und weite rz ah len! 
E. 
Ueb erblick über die gesamten Versuche, die 
indirekten Steuern zu „resormieren". 
Nur die wichtigsten der indirekten Abgaben unseres Steuer 
systems konnten wir besprechen. Die Verzehrungssteuern und die 
Zölle, die Regalien und Monopole konnten wir nicht erörtern, ihre 
Erhöhung steht auch jetzt nicht auf der Tagesordnung. Wenn Bilinski 
die Biersteuer preisgibt und dafür den Wein und die Zündhölzchen 
heranzieht, wird die sozialdemokratische Tagespresse die neuerlichen 
Vorschläge untersuchen. 
Die kurze Schilderung der hauptsächlichsten indirekten Steuern 
und der sie betreffenden Reformpläne hat eines klargemacht: Aus 
jedem B e st e u e r u n g s z w e i g e g r i n st uns die Habgier 
der Agrarier klaffe entgegen. Schamlos wälzt sie die 
Steuerlast von sich ab und dem Jndustrieoolk, den erwerbstätigen 
Volksmassen zu, ebenso schamlos nützt sie die angebliche Steuerlast 
zur Sicherung politischer Rechte aus. Sie verschmäht kein offenes 
und kein verstecktes Trinkgeld aus den Staatskassen, keine noch so 
große oder noch so kleine „Bonifikation" aus den Taschen der ärmsten 
Steuerzahler. Dabei geben die städtischen Hausagrarier den ländlichen 
Wald-, Feld- und Wiesenagrariern nicht viel nach, sie verstehen es 
sogar, Steuern fremder Leute auf ihre eigene Rechnung zu buchen 
und sich dadurch zu Herren aller Stadtverwaltungen zu machen. 
Ein unnützes, anmaßendes, habgieriges Volk von Grundrenten 
empfängern, das sich zu Herren über Stadt und Land zu machen ge 
wußt hat! 
Und nicht weit hinter dieser Fratze zeigt sich uns das Bild des 
industriellen und finanziellen Bürgertums, das zwar den Agrariern 
entgegenzutreten nicht den Mut hat, dafür aber um so rücksichtsloser 
jede neue Steuerlast auf die proletarischen Massen abzuwälzen be 
reit ist. Ein Pappenstiel von 10 Millionen Kronen direkter Steuern, 
die dieses Bürgertum übernehmen soll, ist bestimmt, den scheinheiligen 
Deckmantel für die Beraubung der Massen um hundert Millionen 
indirekter Abgaben abzugeben, dafür aber mag es sich so weit prosti 
tuieren, daß es den gewaltigen Steuerraub der Agrarier gutheißt! 
Man kann von den besitzenden Klassen nicht verlangen, daß 
sie selbst uneigennützig genug sind, die Mehrbelastungen allein von
	        
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