Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

59 
halten. Diese sollen in Zukunft mit 742 H. gegen gegenwärtig 
530 H. besteuert werden, das ist per Liter mit 296 H. gegen 201 H., 
also um 95 ß. höher. Die Biersteuererhöhung ist demnach 
stärker als die Erhöhung der Branntweinsteuer. Ob dies vom Stand 
punkte einer richtigen Sozialpolitik gerechtfertigt erscheint, kann keine 
Frage sein: Das Ende ist: Uebergang zu schlechterem Bier oder zu 
schlechterem Branntwein! 
Der einzige gute Gedanke der Bilinskischen Steuerentwürfe ist 
die ursprünglich geplante, aber wie es scheint, schon wieder fallen 
gelassene 
Inkaiirevievrrng dev Bievsteuev. 
Wie oben (Seite 40) ausgeführt, liegt in der Einhebung einer 
Bierumlage durch Beschluß der Landtage ein Bruch der Verfassungs 
grundsätze. Die Landtage, die den Massen das gleiche Wahlrecht ver 
weigern, haben keine Berechtigung, sie zu besteuern. Trotzdem hat die 
Regierung Koerber-Böhm ihnen diese zugestanden. Die Länder be 
steuern das Bier nicht nach der Qualität, sondern bloß nach dem 
Quantum, sie besteuern also ein Hektoliterfaß elenden Abzugbieres 
genau so hoch wie dasselbe Faß Pilsner: Sie besteuern also gleich 
sam das Wasser im Bier, nicht die Bierwürze: Diese ungerechte Be 
steuerung ist auch ungeschickt, sie belästigt den Transport und die 
Wirte und erfordert eigene Landesämter, sie kostet die Länder viel. 
Die Landesbierauflage, wie sie auch die Ehristlichsozialen für Nieder 
österreich eingeführt haben, war ein offenbarer Fehlgriff, 
dessen Folgen man je eher je lieber beseitigen sollte. 
Das soll geschehen, indem wieder der Staat allein und nur 
in den Brauereien die Steuer nach dem Gradgehalt der Bierwürze 
einhebt und den Ländern ihren Teil zurücküberweist. 
Der Erfolg der Biersteuererhöhunq wäre nach der Schätzung 
des Finanzministers: 
Ausgehend von dem Erfolge des Jahres 1907 würde der 
Ertrag der Biersteuer infolge Erhöhung des Steuersatzes 
auf 70 H. sich belaufen auf rund 153,600.000 Kr. 
wovon in Abzug zu bringen ist das entsprechend erhöhte' 
Erfordernis an Steuerrestitution für das über die Zoll 
linie ausgeführte Bier per rund 6,000.000 „ 
es verblieben somit 147,600.000 „ 
Wird der in der ersten Zeit zu gewürtigende Konsumrück 
gang mit 10 Prozent 14,760.000 „ 
veranschlagt, so verbleiben 132,840.000 „ 
das ist gegenüber dem faktischen Ertrage des Jahres 1907 
(abzüglich der Rückvergütung für die Ausfuhr) per . . . 71,700.000 „ 
ein M e h r b e t r a g von . . 61,140.000 „ 
In diesem Mehrertrage der staatlichen Steuer sind aber 
auch die nicht mehr getrennt erhobenen früheren Landes 
bierumlagen enthalten (inkameriert); ziehen wir diese 
Beträge, die den Ländern zurücküberwiesen werden 
mühten, von obiger Summe ab, das ist . . . . . . . . 32,200.000 „ 
so bleibt die Mehrbelastung des Bier trinkenden Publikums per 28,940.000 Kr.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.