Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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bloß von Gutsbesitzern. Die Brennerei mag klein sein, mag nur sechs 
Monate arbeiten, aber sie hängt an einem großen Gute eines reichen 
Mannes. Und s el b st wenn das nicht so wäre, wenn der 
Mann arm wäre! Dann unterstütze man ihn offen durch die 
öffentliche Armenpflege, denn das Steuerwesen und das Armenweserr 
sind ganz verschiedene Dinge. 
Indessen ist diese Liebesgabe noch nicht die schlimmste. Denn 
der von Produktionsbrennern erzeugte Alkohol tritt an Menge zurück 
gegenüber dem Konsumbranntwein: 
Erzeugte Alkoholmenge in Hektolitern 
in Konsum- in Produktions 
brennereien brennereien 
(Großbetriebe) (Kleinbetriebe) 
Während der Kampagne 1888/89 1,046.000 13.400 
„ „ „ 1895/96 1,384.000 12.900 
„ „ „ 1900/01 1,514.000 18.600 
„ „ „ 1907/08 1,622.000 14.358 
Es wird also nur ungefähr Vio des Branntweines in diesen 
kleinen Brennereien erzeugt, rund 16.000 Hektoliter. Aber immerhin 
erhalten die 31.604 Besitzer dieser Betriebe bereits die ansehnliche 
Liebesgabe von 360.000 Kr.! Damit sind die Produktionsbrenner 
erledigt, wir haben uns nunmehr mit den Konsumbrennern zu be 
sassen. 
2. Die ausgiebige Plünderung der Konsumenten setzt erst bei 
den großen Brennern ein. Alle Konsumbrenner besitzen Groß 
betriebe. Die Ausrede des kleinen Mannes trifft also gar nicht zu, 
wenn auch bei ihnen Nachlässe gewährt werden. Sie werden aber 
in größtem Maße erst hier eingeführt durch das sogenannte K o n- 
t i n g e n t. 
Was ist das Kontingent? 
Oesterreich konsumiert im Jahresdurchschnitt die horrende Summe 
von einer Million Hektolitern reinen Alkohols (genauer 1,027.661 
Hektoliter).*) Dieses Quantum brauchen wir. Würde dieses ganze 
Quantum zu dem billigeren Steuersatz erzeugt werden, so würde kein 
Käufer den höher besteuerten Spiritus kaufen müssen, es würde also 
niemand einen solchen Spiritus erzeugen. Daher muß eine Grenze 
unter einer Million Hektolitern festgesetzt werden, ein geringeres 
Ouantum, das zur billigen Steuer hergestellt wird. Das tut der 
neue Entwurf, indem er erklärt: 
987.000 Hektoliter werden zum billigen Satz von 140 H. 
hergestellt; was darüber erzeugt wird, muß den höheren Satz von 
164 H. tragen. 
Es muß aber mehr erzeugt werden, weil wir ja über eine 
Million Hektoliter brauchen! Dieser Mehrbetrag muß dann auch 
zum vollen H ö ch st p r e i s e bezahlt werden. Alkohol aber ist Alkohol 
und hat denselben Handelspreis, wie alle Semmeln gleichviel kosten. 
*) Siehe stenographisches Protokoll der Spirituskontingent-Enquete. Wien, 1908.
	        
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