Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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Lrbschafts- nnb Lchenkungsfteuev. 
Vorerst bringt die Regierung einen Entwurf über Erbschafts- 
und Schenkungssteuern ein. Derselbe war allerdings schon 
lange versprochen und vorbereitet. Wer mühelos ein Erbe oder eine 
Schenkung einstreicht, soll von diesem unerarbeiteten Gewinn Abgaben 
leisten. Wir Sozialdemokraten haben von jeher eine Erbschaftssteuer 
gefordert, da es doch kein gerechteres und einfacheres Mittel geben 
kann, die von der Kapitalistenklasse ausbeuterisch angeeigneten Profite 
wieder der Allgemeinheit zuzuführen. Aber was Bilinski bringt, ist 
ganz unzulänglich, ist beinahe nicht mehr als ein neuer Name. Schon 
heute leisten die Erbschaftsmassen die sogenannte „Vermögensüber 
tragungsgebühr von Todeswegen". Diese Gebühr wird im wesent 
lichen aufrecht erhalten, sie bekommt nur den neuen Namen Erb 
schaftssteuer und wird etwas erhöht. Wir geben nur als Probe 
einige Steuersätze, die beweisen, wie schonend die lachenden Erben 
behandelt werden: Derjenige, dem als direktem Verwandten des 
Erblassers 60.000 bis 100.000 Kr. in den Schoß fallen, könnte wahr 
lich mehr als 2 Prozent Anteil der Allgemeinheit gewähren! Um so 
eher die Erben größerer Beträge mehr als 4 Prozent, das Höchst- 
ausmaß der Vorlage. Für entferntere Verwandte oder gar für 
familienfremde Erben kommt jede Erbschaft einem Lotteriegewinste 
nahe, für den 16 Prozent Gewinststeuer gezahlt werden; solche Erb 
schaften vertragen gewiß eine weit höhere als die vorgesehene 
Besteuerung. Da die Regierung so zaghaft vorgeht, ist es kein Wunder, 
wenn die gesamten Erbschafts- und Schenkungssteuern nach der Vor 
lage der Regierung nur die Bagatelle von 10 M i l l i o n e n K r o n e n 
mehr als heute tragen sollen. 
Die neuen Personulfteuern. 
Eine lange Reihe von Steuererhöhungen bringt eine Novelle 
zum Personalsteuergesetz. Erhöht werden soll: 
a) Die Dividendenstener 
der Aktiengesellschaften. Jeder Aktionär bekommt für jede Aktie von 
der Gesellschaft jährlich einen Anteil am Profit der Unternehmung 
ausgezahlt. Diesen Anteil nennt man Dividende. Bisher sind 
von einer Dividende im Betrage von 11 bis 16 Prozent außer der 
gewöhnlichen Einkommensteuer 2 Prozent Zusatzsteuer, von Dividenden 
über 16 Prozent jedoch 4 Prozent Zusatzsteuer zu zahlen; in Hin 
kunft sollen bei einer 11- bis 12prozentigen Dividende 2 Pro 
zent, bei einer 13- bis 14zwozentigen Dividende 4 Prozent, bei einer 
wehr als 14prozentigen Dividende aber 6 Prozent Dividendenzusatz 
steuer geleistet worden. 
Diese Zusatzsteuer von Gesellschaften, die einen wucherischen 
Gewinn von mehr als 10 Prozent herausschlagen, ist nur so wenig
	        
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