Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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Er wirft ihnen definitiv 12,300.000 Kr. als Ersatz für die 
bisherigen provisorischen Ueberweisungen aus den direkten Steuern hin. 
Er ersetzt ihnen 32,000.000 Kr., die sie bisher aus der 
Landesbiersteuer gezogen haben. 
Er vergütet ihnen 20,700.000 Kr., die ihnen aus der bis 
herigen staatlichen Branntweinsteuer zugeflossen sind. 
Und überdies schenkt er ihnen ohne zwingenden Grund 
41,000.000 Kr. neu, die von den Bier- und Branntweintrinkern 
zu diesem Behufe eigens jährlich ausgebracht werden sollen. 
Im ganzen also sollen die Reichsratswähler, die breiten Massen 
des Volkes, den feudal-klerikal-bourgeoisen Land 
tagen 100 Millionen Kronen sofort unb außerdem 
jedes Jahr zwei Btillionen mehr aufbringen! 
Von der Verpflichtung der Landtage, den Arbeitern, welche 
den Großteil dieser Steuern zahlen, das Wahlrecht zu den Landtagen 
zu verschaffen, vernehmen wir aus Bilinskis Munde auch nicht eine 
Silbe! 
Die ersten Nachtragsvorlagen Bilinskis. 
Lin Feigenblatt! 
Von keiner einzigen Partei des Abgeordnetenhauses wurde die 
Wählerschaft über die Steuerpläne Bilinskis aufgeklärt, keine veran 
staltete in der Wählerschaft Protestversammlungen außer der Sozial 
demokratie. Schon sind viele Tausende Versammlungen von ihr ab 
gehalten worden und in allen äußerte sich sofort der leidenschaftlichste 
Widerspruch gegen eine Regierung, die es gewagt hat, dem Hause 
aller Staatsbürger eure so schwere Volksbelastung, noch dazu durch 
bloße indirekte Steuern zuzumuten! 
Bilinski selbst erschrak vor diesem Echo, das seine ersten 
Steuervorlagen in den Massen Oesterreichs geweckt hat, durch diesen 
einmütigen Schrei der Empörung. Mit ihm erschreckt Zeigen sich jetzt 
auch die bürgerlichen P a r t e i e n, die so gerne die neuen 
Steuerlasten auf das arbeitende Volk überwälzt hätten, wenn sie 
nicht den Tag der Neuwahlen gefürchtet hätten! Denn an diesem 
Tage der Vergeltung haben nicht bloß Besitzende, sondern auch 
Arbeiter ihr Stimmrecht. Und so hat der Finanzminister rasch ein 
Blumensträußchen von Nachtragssteuern gebunden, um damit die bloß 
gelegte Schande seiner ersten Entwürfe zu decken. Nun sollen auch 
direkte Steuern erhöht werden! Das Laster macht also vor der 
Tugend ein Kompliment. 
Aber nicht mehr als ein Kompliment, nicht mehr als ein Feigen 
blatt sind diese Nachträge. Das erkennen wir sofort, wenn wir die 
Steuerarten und die Erträgnisse dieser neuen Steuern ins Auge 
fassen.
	        
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