Volltext: Allgemeine Einführung in das Steuerwesen (I. Teil /1909)

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gemeine und gleiche Steuer aller an das Gemeinwesen, dessen Früchte 
er gemeinsam mit allen genießt. Der uralte Gemeinschaftshaushalt, 
mit der brüderlichen und schwesterlichen Liebe aller Glieder, ist auf 
der höchsten Stufe der Menschheit wieder gewonnen! 
Alles, was der Entwicklung zur Sozialisierung der Gesellschaft 
dient, kann und mutz von der Sozialdemokratie auch mit klarem 
Bewußtsein vollzogen werden. Ist daraus zu schließen, daß die 
parlamentarische Vertretung der Sozialdemokratie allezeit die Ertrags 
steuern auf den Besitz und während der ganzen Uebergangszeit auch 
die Einkommensteuer auf das Besitzeinkommen bewilligen muß? 
Damit kommen wir zur prinzipiellen und taktischen Frage der 
Steuerbewilligung, die in unseren Reihen viel diskutiert ist. 
Eine klare, eindeutige Antwort läßt sich nur geben, wenn wir 
eines uns klar machen. Steuern sind Lasten der V o l ks w i rt s ch a f t 
zugunsten des S t a a t s h a u s h a l t e s, sie tragen also ein doppeltes 
Gesicht, ein wirtschaftliches und ein staatliches, ein ökonomisches also 
und ein politisches. 
Wirtschaftliche Prinzipien. 
Beachten wir erstens ausschließlich dre Einwirkungen auf 
das Wirtschaftsleben, so treffen alle bisher gegebenen Erwägungen 
uneingeschränkt zu. Das sagt: Unsere ö k o n o m i s ch e n Prin 
zipien hindern uns nicht, für d i e e r w ä h n t e n Er 
trags-, Vermögens- und Einkommensteuern zu 
stimmen. 
Nichts ist wohl klarer als das. Abzumessen ist dann bloß, ob 
auch die bisher erwähnten Be st eue rungsgrenzen 
eingehalten sind: ob 1. diese Mehrwertsteuern noch auf Kosten 
der Konsumquote des Mehrwertes und nicht bereits der Akkumu- 
l a t i o n s q u o t e gehen, das heißt, ob sie bloß den Luxuskonsum 
des Kapitalisten treffen oder ob sie die Kapitalsanlage und damit 
die Entfaltung der Wirtschaft, die Vermehrung der Arbeitsgelegen 
heiten, die Steigerung der Betriebsweise einschränken; und ob 2. die 
einzelne Steuerart (Zins- oder Profitsteuer) nicht aus den be 
sonderen Gründen des konkreten Steuerobjektes die Produktion hemmt. 
Wenn einer der beiden Fälle eintritt, dann liegt absolute Ueber- 
b e st e u e r u n g vor. 
Bezüglich des Arbeitslohnes ist oben erwiesen, daß jede direkte 
oder indirekte Lohnsteuer die Reproduktion der Arbeitskraft hemmt. 
Diesbezüglich ist die absolute U e b e r b e st e u e r u n g unzweifel 
haft gegeben. Unsere ökonomischen Erkenntnisse — nichts anderes sind 
diese Prinzipien, sie sind nicht Morallehren, sondern Einsichten — 
verbieten uns Lohnsteuern zu bewilligen, ob sie direkt oder indirekt 
seren. (Sie verbieten uns nicht indirekte Steuern auf den Luxus 
aufwand.) 
Aber auch die absolute Uebersteuerung des Mehrwertes scheint 
mir heute schon vielfach gegeben — nicht überall (Grundrente!), aber 
in einzelnen Produktionszweigen. Der staatliche Machtapp a- 
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